Fokusanalyse

Trumps designiertes Team zu Russland

Nach seinem Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl hat Donald Trump vergangene Woche seine Kandidaten für die Schlüsselpositionen im Regierungskabinett vorgestellt. Manch eine Nominierung sorgte für Aufsehen wie etwa die Wahl der in einigen Medien wie The New York Times als „russisches Asset“ betitelten einstigen demokratischen Kongressabgeordneten Tulsi Gabbard, die künftig die US-Geheimdienste koordinieren soll. Einige der Kandidaten haben sich in der Vergangenheit wiederholt für Verhandlungen im Ukrainekonflikt ausgesprochen. Im Nachfolgenden finden Sie knappe Informationen zu den Personalien des künftigen US-Regierungskabinetts mit Aussagen in Bezug auf Russland.

„Zur neuen Trump-Regierung gehören entweder Leute wie James David Vance, die ihm ihre Karriere zu verdanken haben, oder solche, die ihre Loyalität bewiesen haben und bereit sind, in seinem Schatten zu stehen. Trump wählt nicht zwischen Hardlinern und Nicht-Hardlinern und könnte auch einen Neokonservativen akzeptieren. (…) Mit diesen neuen Menschen wird er mit mehr Komfort regieren können und seine Administration wird einheitlicher und gefügiger sein', sagte Dmitri Nowikow, Leiter des Labors für politische Geografie und moderne Geopolitik an der Moskauer Higher School of Economics.“ (Izvestia, 14.11.2024)

„Kommen wir zur Ambivalenz. Auftritt Mike Waltz (designierter Nationaler Sicherheitsberater): Der steht für ein Ende des Kriegs durch Stärke, forderte die Freigabe von US-Langstreckenwaffen. Auch andere Vertreter der Trump-I-Regierung, die jetzt wieder Posten übernehmen könnten, betonen den Ansatz des ‚Frieden durch Stärke‘. Trump jedenfalls will nicht als strategischer Schwächling angesehen werden, sondern als starker Mann und Gewinner, der ‚Make America Great Again‘ umsetzt. Und Schwäche mit Blick auf Russland würde Trumps Pläne unterminieren, China mit Stärke zu imponieren.“ (Handelsblatt, 15.11.2024)

James David „JD“ Vance, 40, Vizepräsident
Republikanischer Senator aus Ohio, Rechtsanwalt, Unternehmer. Wurde durch sein autobiografisches Buch „Hillbilly-Elegie“ berühmt. Darin verarbeitet er seine schwere Kindheit in einer abgehängten amerikanischen Kleinstadt und analysiert die Unterschicht der USA. Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl 2016 kritisierte JD Vance den künftigen Präsidenten Donald Trump als inkompetent. Wurde mit Trumps Unterstützung Senator.

Vance: „Ein Deal könnte folgendermaßen aussehen: Russland behält das besetzte Land und es wird eine entmilitarisierte Pufferzone entlang der Frontlinie eingerichtet. Die ukrainische Seite wird militärisch vor einem weiteren Angriff Russlands abgesichert. Der Rest der Ukraine bliebe ein souveräner Staat und Russland würde von der Ukraine eine Neutralitätsgarantie bekommen: kein Beitritt zu Nato und sonstigen Bündnissen.“ (The New York Times, 13.09.2024)

„JD Vance betrachtet Russland als Gegner, aber Moskau für einen Feind zu halten findet er kontraproduktiv. ‚Wir befinden uns nicht in einem Krieg mit ihnen und ich will auch keinen Krieg mit Wladimir Putins Russland‘, sagte Vance in einem Interview mit NBC. Vance mahnte, ‚wir sollten vorsichtig mit der Sprache sein, die wir in der internationalen Diplomatie verwenden’.“ (Time Magazine, 26.10.2024)

Marco Rubio, 53, Außenminister
Republikanischer Senator aus Florida, Sohn kubanischer Einwanderer. Wurde als möglicher running mate (Vizepräsident) von Trump gehandelt, bevor die Wahl auf JD Vance fiel. Stimmte zuletzt gegen das Milliardenpaket für die Ukraine. Gilt als Hardliner und fiel wiederholt durch eine harte Haltung gegenüber Russland und China auf. Steht seit Mai 2022 auf der Sanktionsliste Russlands.

Rubio: „Keine der beiden Seiten wird aus dem Krieg als klarer Sieger hervorgehen. Die Frage ist nun, wer behält die Oberhand, wenn es an den Verhandlungstisch geht. Wird das Putin oder die Ukraine sein? Ich möchte, dass die Ukraine die bestmögliche Verhandlungsposition hat, wenn die Zeit für Verhandlungen gekommen ist.“ (The Hill, 03.03.2024)

Rubio: „Die Ukrainer sind unglaublich tapfer und stark in ihrem Widerstand gegen Russland. Aber letzten Endes finanzieren wir hier eine Pattsituation und es gilt diese zu lösen, oder das Land wird um 100 Jahre zurückgeworfen.“ (The Guardian, 12.11.2024)

„‚Rubio ist Mitglied im Senatsausschuss für äußere Angelegenheiten und vertritt harte außenpolitische Ansichten. Er hat sich wiederholt für eine Verschärfung der Sanktionen gegen Kuba, Venezuela, Iran, Russland, Nordkorea und China ausgesprochen. Im Juli brachte er einen Gesetzentwurf ein, in dem es um Sanktionen gegen die Finanzinstitute dieser Länder ging, die russische, chinesische und iranische SWIFT-Alternativen im Zahlungsverkehr benutzten.“ (Vedomosti, 13.11.2024)

Pete Hegseth, 44, Verteidigungsminister
Major der Nationalgarde (ARNG), Militärdienst (Irakkrieg, Afghanistan), Fernsehmoderator bei Fox News. Die meisten Amerikaner kennen ihn als Moderator aus dem Frühstückfernsehen. Verfügt über keine politische Erfahrung, hat jedoch nach seinem Militärdienst erfolglos für einen Posten im Kongress kandidiert. Beobachter vermuten hinter seiner umstrittenen Ernennung zum Verteidigungsminister einen gezielten Affront gegen die militärische Führungsriege.

Hegseth: „Wenn die Ukraine sich selbst verteidigen kann, ist das großartig, aber ich möchte nicht, dass die Amerikaner tief in Europa eindringen und Putin das Gefühl geben, er stehe mit dem Rücken zur Wand.“ (Shawn Ryan Show Podcast, 07.11.2024)

„Hegseth steht für die unter Republikanern immer öfter anzutreffende Frage, ob es überhaupt im Interesse der USA sei, die Ukraine zu unterstützen und die Sicherheit der europäischen Verbündeten zu gewährleisten. Hegseth behauptete auch, dass der Existenzkrieg der Ukraine im Vergleich zu dem Krieg gegen das ‚woke‘ Amerika verblasse.“ (Business Insider, 14.11.24)

„Das Pentagon ist nach der US-Regierung der größte Arbeitgeber in den Vereinigten Staaten. Ich bezweifle, dass ein Verteidigungsminister dieses Monstrum überhaupt lenken kann. Eher das Gegenteil ist der Fall: Eine kollektive Bürokratie kann jeden (im eigenen Interesse) lenken. Sicherlich steht der designierte Amtsinhaber solchen Schwergewichten wie Robert McNamara oder Les Aspin in vielem nach. Aber der Gerechtigkeit willen muss gesagt werden: Peter Hegseth war im Gegensatz zu Dick Cheney beim Militär und hat gekämpft.“ (Izvestia, 14.11.2024)

Mike Waltz, 50, Nationaler Sicherheitsberater
Republikanischer Kongressabgeordneter (Florida), Sicherheitsexperte, ehem. Offizier der Eliteeinheit Green Berets. War Berater in der Administration von George W. Bush. Waltz gilt als Verfechter eines harten Kurses gegenüber China. Sprach sich in der Vergangenheit für ein Umdenken bei der Ukraine-Unterstützung aus.

Waltz: „Der nächste Präsident sollte dringend handeln, um die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten zu einem raschen Abschluss zu bringen und die strategische Aufmerksamkeit endlich dorthin zu lenken, wo sie hingehört – auf die größere Bedrohung durch die Kommunistische Partei Chinas.“ (Handelsblatt, 17.11.2024)

Waltz: „Die Ära der Blankoschecks für die Ukraine vom Kongress ist vorbei.“ (Fox News, 18.09.2023)

Waltz: „Die nächste Regierung solle darauf abzielen, den Krieg in der Ukraine zu beenden und das Töten zu stoppen. Amerika könne wirtschaftliche Druckmittel einsetzen, darunter die Aufhebung des Exportstopps für Flüssiggas und ein hartes Durchgreifen gegen Russlands illegale Ölverkäufe, um Putin an den Verhandlungstisch zu bringen. (...) Sollte er sich weigern zu reden, kann Washington, wie Herr Trump argumentierte, der Ukraine mehr Waffen mit weniger Einschränkungen für deren Einsatz liefern“, schreibt Waltz. Angesichts dieses Drucks werde Putin wahrscheinlich die Gelegenheit nutzen, den Konflikt zu beenden.“ (Handelsblatt, 17.11.2024)

„‚Waltz befürwortet eine größere finanzielle Beteiligung seitens der europäischen Verbündeten sowie eine Verschärfung des Sanktionsdrucks auf Russland‘, sagt Maxim Sutschkow, Experte für internationale Beziehungen. Laut dem Experten könnte Waltz als ‚böser Cop’ in möglichen Ukraine-Verhandlungen zum Einsatz kommen. ‚Waltz ist dazu da, um hartnäckigen Gegnern Zugeständnisse abzuringen‘, fasst Sutschkow zusammen.“ (Vedomosti, 13.11.2024)

Tulsi Gabbard, 43, Direktorin der nationalen Nachrichtendienste
Demokratische Kongressabgeordnete (2013-2021), Major und Kriegsveteranin. Trat 2022 aus der demokratischen Partei aus. Seit Oktober 2024 ist sie Mitglied der republikanischen Partei. In der Vergangenheit wurde ihr mehrmals eine prorussische Haltung vorgeworfen. Einige Kritiker bezeichneten sie als „russische Spionin“. Hält den Ukrainekurs der US-Demokraten für „kriegstreiberisch“.

Gabbard: „Dieser Krieg und dieses Leid hätten vermieden werden können, wenn die Biden-Regierung und die Nato einfach die legitimen Bedenken Russlands hinsichtlich eines möglichen Beitritts der Ukraine zur Nato berücksichtigt hätten.“ (Spiegel, 15.11.2024)

„Abgeordnete zeigten sich nach der Nominierung entsetzt. ‚Sie ist nicht nur schlecht vorbereitet und unqualifiziert, sondern handelt auch mit Verschwörungstheorien und macht sich bei Diktatoren wie Baschar al-Assad und Wladimir Putin beliebt‘, schrieb die demokratische Abgeordnete Abigail Spanberger auf dem Kurznachrichtendienst X.“ (Handelsblatt, 17.11.2024)

„Gabbard hat Trumps Beziehungen zu Autokraten wie Putin gerechtfertigt und erklärt, Trump beweise damit ‚den Mut, sich mit Gegnern, Diktatoren, Verbündeten und Partnern gleichermaßen für eine Friedenslösung einzusetzen, er sieht den Krieg als äußerstes Mittel’“ (Associated Press, 17.11.2024)

John Ratcliffe, 59, CIA-Direktor
Republikanischer Kongressabgeordneter (2015-2020). Gilt als fester Verbündeter Trumps, der in dessen erster Amtszeit das Amt des Direktors der nationalen Nachrichtendienste (2020-2021) innehatte. Ratcliffe bekam den Posten, nachdem er im ersten Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Trump diesen verteidigt hatte.

„Als Direktor des Nationalen Nachrichtendienstes warnte Ratcliffe vor Bemühungen seitens China, Trumps Wahlkampagne 2020 zu untergraben. Er warnte außerdem vor Versuchen Russlands, Trumps damaligen Herausforderer Joseph Biden zu verunglimpfen. (…) Ratcliffe äußerte sich sehr kritisch über den Umgang mit Spionage aus China. Nach seiner Ansicht haben die Analysten einen Standard für die Beurteilung russischer Einflussnahme und einen ganz anderen bei der Bewertung chinesischer Einflussnahme.“ (New York Times, 12.11.2024)

Elon Musk, 53, Sonderbeauftragter für Regierungseffizienz (DOGE)
Milliardär, Tesla-Chef, CEO des Raumfahrtunternehmens SpaceX und des Kurznachrichtendienstes X (ehemals Twitter). Der reichste Mann der Welt hat zu Trumps jüngsten Wahlkampf mehr als 120 Mio. Dollar beigesteuert. Gemeinsam mit dem Unternehmer Vivek Ramaswamy (39), der als Präsidentschaftsbewerber angetreten und aus dem Vorwahlkampf ausgestiegen ist, soll sich Musk mit der Entbürokratisierung und dem Personalabbau im Regierungsapparat befassen. Musk hat bereits „Verschwendern von Regierungsgeldern“ den Kampf angesagt.

„Der Tech-Milliardär hatte seit Ende 2022 regelmäßig Kontakt zum russischen Präsidenten. Das bestätigten Regierungsbeamte aus den USA, Europa, Russland. Bei den Unterhaltungen ging es um geopolitische, geschäftliche und persönliche Themen. ‚Einmal bat Putin Musk, nicht das Satelliten-Kommunikationssystem Starlink in Taiwan zu aktivieren. Putin tat damit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping einen Gefallen.‘“ (The Wall Street Journal, 25.10.2024)

„Während die USA und ihre Verbündeten Putin in den letzten Jahren isoliert haben, könnte Musks Kontakt zu Putin ein Zeichen für eine erneute Annäherung an den russischen Präsidenten sein und Trumps geäußerten Wunsch nach einer Ukraine-Einigung bestärken. Gleichzeitig wecken solche Kontakte bei einigen Vertretern der derzeitigen Regierung Sicherheitsbedenken angesichts Putins Status als einer der größten Gegner der USA.“ (The Wall Street Journal, 25.10.2024)
2024-11-20 15:35