Fokusanalyse

Wirtschaftsrelevante Minister der neuen Regierung

Dass mit Andrej Beloussow, zuvor Erster Stellvertretender Ministerpräsident, ein ausgesprochener Wirtschaftsfachmann das Verteidigungsministerium vom umstrittenen Sergej Schoigu übernahm, dürfte die größte Überraschung der am Wochenende verkündeten Regierungsumbildung sein. Schoigu galt trotz seiner Nähe zu Staatspräsident Wladimir Putin als angeschlagen und wird mit dem Amt des Sekretärs des Nationalen Sicherheitsrates abgefunden.
Schoigus Nachfolger Andrej Beloussow hat zu Sowjetzeiten Wirtschaft studiert und war seit 2006 in Schlüsselpositionen: 2006 wurde er stellvertretender Wirtschaftsminister und dem Minister und Reformer German Gref, heute Chef der staatlichen Sberbank, danach Wirtschaftsminister. Von 2015 bis 2020 war er Wirtschaftsberater des russischen Präsidenten, danach Erster stellvertretender Premier. Beloussow soll allem Anschein im immer wieder von Korruptionsskandalen geplagten Verteidigungsministerium aufräumen, das zuletzt von einem Bestechungsskandal rund um den stellvertretenden Minister und Schoigu-Vertrauten Timur Iwanow erschüttert worden war.

Beloussows Posten als Erster Vizepremier übernimmt Denis Manturow, langjähriger Industrie- und Handelsminister. Bei den meisten der von Putin vorgeschlagenen Ministerpräsidenten- und Ministerkandidaten handelt es sich um Politiker, die bereits zuvor in der Regierung tätig waren.

Dmitrij Patruschew, Sohn des langjährigen Leiters der Inlandsgeheimdienstes FSB und langjährigen Sekretärs des Nationalen Sicherheitsrates, steigt vom Landwirtschaftsminister zum Vizepremier auf, sein Vater gibt seinen Leitungsposten im Nationalen Sicherheitsrat an Sergej Schoigu ab.
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Bei der Neubildung der Regierung muss die Staatsduma nach Regierungschef Michail Mischustin und seine zehn Stellvertreter noch sechszehn Minister bestätigen. Ausgenommen sind die Chefs der sicherheitsrelevanten Ministerien Polizei, Verteidigung, Katastrophenschutz, Justiz und Äußeres. Diese werden von Putin selbst nach Konsultationen mit dem Oberhaus des Parlaments, dem Föderationsrat, bestimmt.
Präsidialverwaltung: Wirtschaftsrelevante Neubesetzungen
Mit einem Klick erfahren Sie mehr zu Maxim Oreschkin und Walerij Pikaljow. Maxim Oreschkin, der von 2016 bis 2020 Wirtschaftsminister und danach Wirtschaftsberater war, stieg zu einem der fünf Stellvertreter des Leiters der Präsidialadministration, Anton Wajno auf. Putin habe entschieden, Oreschkins Stellung im Verwaltungsapparat zu stärken und ihm regionale Entwicklungsaufgaben anzuvertrauen, kommentiert der an der Wirtschaftshochschule in Moskau lehrende Politologe Marat Baschirow. „In letzter Zeit ist Oresсhkin sehr oft mit dem Präsidenten auf regionale Reisen gegangen. Putin hat ihn nicht nur in Bezug auf makroökonomische Fragen, sondern auch in puncto staatlicher Förderprogramme auf Vordermann gebracht“, so Baschirow.
Darja Kislizyna vom Institut für Sozialforschung (EISI), weist darauf hin, dass Oreschkin, der neben seiner Zuständigkeit für Wirtschaft mit dem obersten Management von Verkehrsinfrastrukturprojekten betraut worden ist, nunmehr als Bindeglied zwischen der Präsidialverwaltung und der Regierung agieren könne. Wie aus der Botschaft von Präsident Putin an die Föderationsversammlung folge, soll in Russland in den nächsten zwei Sechsjahreszyklen zahlreiche neue Verkehrsinfrastruktur-Projekte entstehen, schreibt Kislizyna.
Alexej Djumin, seit 2016 der Gouverneur des Gebiets Tula, wird zum neuen Präsidialreferenten mit der Zuständigkeit für die Rüstungsindustrie, Sport und Beziehungen zum Staatsrat. Nikolaj Patruschew, der seit 2008 den russischen Sicherheitsrat als Sekretär koordinierte, bekommt den Posten des Präsidialreferenten mit dem Hauptschwerpunkt Schiffsbau. Ruslan Edelgerijew, der seit 2018 für Fragen des Klimaschutz zuständig ist, behält seine Beraterfunktion.
Quellen: Kreml, Kommersant, Regierung RF, RBC (alle RU), Spiegel 1, 2