Fokusanalyse

Wahlprogramme zu Sanktionen, Nord Stream, EU-Beitritt der Ukraine und Taurus-Lieferungen

Fragen rund um den Ukraine-Konflikt sowie eine Ausweitung der Sanktionen, die Wiederaufnahme des Betriebs von Nord Stream und eine mögliche EU- und NATO-Mitgliedschaft der Ukraine spielen in den Wahlprogrammen der Parteien zur Bundestagswahl am kommenden Sonntag eine zentrale Rolle. Ein Überblick über die wichtigsten Standpunkte der Parteien.

CDU und CSU

Ukraine-Konflikt
„Wir unterstützen die Ukraine mit diplomatischen, finanziellen und humanitären Mitteln sowie mit Waffenlieferungen. Sie verteidigt auch unsere Freiheit.“ S. 5

„Kontaktgruppe Ukraine. Gemeinsam mit Frankreich, Polen und dem Vereinigten Königreich wollen wir in enger Abstimmung mit den USA eine gemeinsame Strategie entwickeln, um die Ukraine in ihrem Streben nach Frieden, Freiheit und Sicherheit zu unterstützen. Dazu gehört auch die Frage nach glaubhaften Sicherheitsgarantien für die Ukraine und in diesem Zusammenhang die Frage der Rolle der NATO. Unser Ziel ist ein Friedensprozess, der von der Ukraine aus einer Position der Stärke und auf Augenhöhe geführt werden kann.“ S. 45

Sanktionen
„Die Sanktionen gegen Russland erweitern wir zielgerichtet und engmaschig. Der hohe wirtschaftliche Preis dieses Angriffskrieges soll Putin zu einem Umdenken und dann zu einem Ende der Feindseligkeiten führen.“ S. 45

EU-Beitritt der Ukraine
„Länder auf ihrem Weg in die EU unterstützen. Der Beitritt der Länder des westlichen Balkans, der Ukraine und der Republik Moldau liegt in unserem sicherheits- und geopolitischen Interesse. Deshalb schlagen wir Zwischenstufen für Kandidatenländer vor, die noch nicht alle Beitrittsanforderungen erfüllen, aber die Reformen hin zu einer Mitgliedschaft beherzt umsetzen.“ S. 53

Waffenlieferungen an die Ukraine
„Die Ukraine verteidigt auch uns. Denn fällt die Ukraine, droht der Angriff auf ein weiteres europäisches Land. Daher unterstützen wir die Ukraine mit allen erforderlichen diplomatischen, finanziellen und humanitären Mitteln sowie mit Waffenlieferungen. Sie muss ihr Selbstverteidigungsrecht ausüben können.“ S. 45

Quelle: Wahlprogramm CDU und CSU

SPD

Ukraine-Konflikt
„Die SPD bekennt sich klar zur diplomatischen, militärischen, finanziellen und humanitären Unterstützung der Ukrainerinnen und Ukrainer in ihrem Kampf gegen die völkerrechtswidrige russische Aggression – so lange wie nötig. Wir unterstützen die bilaterale Sicherheitsvereinbarung Deutschlands mit der Ukraine ausdrücklich. Die Ukraine muss mögliche Verhandlungen auf Augenhöhe mit Russland führen können. Einen russischen Diktatfrieden zulasten der Ukraine werden wir nicht akzeptieren. Verhandlungen über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg darf es nicht geben. Die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine müssen gewahrt bleiben.“ S. 58

EU-Beitritt der Ukraine
„Auch die Ukraine und Moldau sollen ein Teil der EU werden. Beide Länder lassen keinen Zweifel daran, dass sie sich schon heute an den gemeinsamen Werten der EU orientieren und sich nach dem Schutz der Gemeinschaft, in Frieden und Freiheit leben zu können, sehnen. Mit der Erweiterung nach Osteuropa setzen wir ein klares Zeichen gegen den Versuch der einseitigen Grenzverschiebungen durch Russland, bekennen uns zum gemeinsamen Wiederaufbau der Ukraine und ermöglichen den Menschen den Zugang zu unserer Wertegemeinschaft.“ S. 60

Waffenlieferungen an die Ukraine
“Zur Verteidigung der Ukraine und zur Sicherung des Friedens in Europa unterstützt die SPD die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte und die Lieferung von Waffen und Ausrüstung mit Besonnenheit und Augenmaß. Denn für uns gilt, dass Deutschland und die NATO nicht selbst zur Kriegspartei werden. Darum stehen wir zur Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz, den Marschflugkörper Taurus aus den Beständen der Bundeswehr nicht zu liefern.“ S. 58

Die Grünen

Ukraine-Konflikt
„Die Souveränität der Ukraine in europäischer Solidarität muss sichergestellt sein. Wir unterstützen die vielfältigen diplomatischen Friedensbemühungen der Ukraine, ihrer Partner und aller Staaten, die glaubwürdig an Frieden interessiert sind, unter dem Grundsatz: ‚Nichts über die Ukraine, ohne die Ukraine‘. Zudem bekräftigen wir das Recht auf freie Bündniswahl und unterstützen die Ukraine auf ihrem Weg zur Mitgliedschaft in der EU und NATO. Putins Zermürbungskrieg gegen die Zivilbevölkerung setzen wir außerdem unsere Unterstützung beim Wiederaufbau entgegen und tragen zur Herstellung grundlegender Infrastruktur wie Wärmeversorgung, Schulen und Krankenhäuser bei.“ S. 142

Sanktionen
„Wir setzen auf wirtschaftliche und sicherheitspolitische Maßnahmen, die Russlands militärischen Sieg verhindern, den ökonomischen Druck auf das Regime erhöhen und unsere eigene Handlungsfähigkeit wahren. Wir setzen uns dafür ein, dass die Sanktionen gegen Russland zur Eindämmung der Aggression ausgeweitet werden, etwa auf die Atomwirtschaft. Gegen Sanktionsverletzungen müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten entschieden vorgehen und dabei auch internationale Partner in die Pflicht nehmen. Darüber hinaus wollen wir prüfen, inwieweit neben den Erträgen auch die stillgelegten russischen Vermögenswerte rechtssicher für die Unterstützung der Ukraine nutzbar gemacht werden können.“ S. 145

EU-Beitritt der Ukraine
„Die Erweiterung der EU ist eine Erfolgsgeschichte und liegt in unserem geopolitischen Interesse. Wir unterstützen den Beitrittswunsch der Westbalkanstaaten, der Ukraine, Moldaus und der Georgier*innen, sofern alle Beitrittskandidaten die notwendigen Kriterien erfüllen.“ S. 143

Waffenlieferungen an die Ukraine
„Die Ukraine muss in der Lage sein, sich zu verteidigen und eine starke Position für einen möglichen Friedensprozess sicherzustellen. Dafür wollen wir sie auch weiter in ihrem Recht auf Selbstverteidigung deutlich stärken und ihre Verteidigungsfähigkeit verbessern. Das ist auch unser bester Eigenschutz hier im Herzen Europas. Russlands hybride Angriffe richten sich längst auch gegen uns.“ S. 142

Quelle: Regierungsprogramm Die Grünen

AfD

Ukraine-Konflikt
„Die ‚wertebasierte‘ Außenpolitik der letzten Jahrzehnte hat die Welt nicht sicherer gemacht und konnte den Ausbruch des größten Krieges in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht verhindern. Die Alternative für Deutschland versteht sich als Partei, in der Diplomatie und friedliche Konfliktbewältigung vorrangig sind. Wir stehen für ein Europa der Vaterländer und lehnen die zentralistischen Bestrebungen der Europäischen Union (EU) entschieden ab.“ S. 46

„Eine stabile Friedensordnung in Europa und der Welt sichert auch die lebenswichtigen Außenhandelsbeziehungen und den Primärenergiebedarf für Deutschland. Wir verfolgen daher ein interessengeleitetes Verhältnis mit den großen Mächten der Welt, mit China und den USA, genauso wie mit der Russischen Föderation.“ S. 47

Sanktionen
„Russland war über Jahrzehnte ein zuverlässiger Lieferant und Garant einer erschwinglichen Energieversorgung, die aufgrund unserer energieintensiven Industrie die Achillesferse der deutschen Volkswirtschaft darstellt. Zur Wiederherstellung des ungestörten Handels mit Russland gehören die sofortige Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland sowie die Instandsetzung der Nord Stream Leitungen.“ S. 49

EU-Beitritt der Ukraine
„Die Zukunft der Ukraine sehen wir als neutralen Staat außerhalb von NATO und EU.“ S. 49

Waffenlieferungen an die Ukraine
„Aufgrund der chronischen Unterfinanzierung über Jahrzehnte sowie der fortlaufenden Abgabe von einsatzfähigem Material und Waffensystemen aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine und der Dauerbelastung der Truppe durch die Ausbildung von ukrainischen Soldaten, befinden sich die deutschen Streitkräfte in einem desolaten Zustand. Es fehlt an Personal und einsatzfähiger Ausrüstung. Damit dem Hauptauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung wieder Rechnung getragen werden kann, muss unsere Bundeswehr nicht nur finanziell gut ausgestattet sein, sondern muss ihr auch die Einsatzbereitschaft insbesondere bei Material und Personal zurückgegeben werden.“ S. 47

Quelle: Wahlprogramm AfD

FDP

Ukraine-Konflikt
„Für uns Freie Demokraten steht fest, dass die Verteidigung der Ukraine nicht am Geld und an Waffenlieferungen scheitern darf, da ein russischer Sieg teurer sein wird und in der Ukraine auch unsere Freiheit verteidigt wird. Echten Frieden in Europa wird es nur geben, wenn Putin mit seinem aggressiven Kurs keinen Erfolg hat.“ S.46

„Wir Freie Demokraten setzen uns zudem dafür ein, eine auskömmliche, dauerhafte und gerecht verteilte Finanzierung der Unterstützung der Ukraine innerhalb der NATO/EU/G7-Staaten – insbesondere auch durch die Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögenswerte – zu erreichen, soweit dies rechtlich möglich ist. Unser Ziel ist die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine.“ S.46

Sanktionen
„Ferner setzen wir uns konsequent für Wirtschaftssanktionen inklusive eines möglichst umfangreichen Handelsembargos, diplomatische Maßnahmen, Visaentzüge gegen die russische Führung und weitere Verantwortliche ein. Wir unterstützen zudem Sekundärmaßnahmen gegen Drittstaaten, die Sanktionen gegen Russland umgehen.“ S.48

Waffenlieferungen an die Ukraine
„Die Ukraine muss in die Lage versetzt werden, sich jederzeit gegen russische Angriffe verteidigen zu können. Dazu zählt für uns auch die Verteidigung gegen Abschussbasen und Nachschublinien auf russischer Seite mit weitreichenden Waffen. Daher fordern wir die unverzügliche Lieferung des Marschflugkörper Taurus.“ S.46

EU-Beitritt der Ukraine
„Unser Ziel ist die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine. Gleichzeitig unterstützen wir perspektivisch ihren Beitritt zu EU und NATO.“

Quelle: Wahlprogramm FDP

Die Linke

Ukraine-Konflikt
„Unser Ziel ist eine Sicherheitsarchitektur in Europa, die auf den Prinzipien der friedlichen Koexistenz und den Vereinbarungen der KSZE beruht und alle Länder des Kontinents einbezieht. Eine solche Sicherheitsarchitektur macht die NATO überflüssig und ermöglicht eine Außenpolitik der internationalen Kooperation anstelle von wirtschaftlicher und militärischer Konkurrenz. Langfristig soll sie auch Russland und die Türkei miteinbeziehen – Voraussetzung wäre die Beendigung aller Angriffskriege und ein Prozess der Aussöhnung und des Wiederaufbaus.“ S. 22

„Um endlich einen Friedensprozess für die Ukraine zu ermöglichen, muss die Bundesregierung Friedensinitiativen wie die von China und Brasilien endlich aufgreifen und sich aktiv für eine gemeinsame diplomatische Verhandlungsoffensive einsetzen, unterstützt durch gezielte Sanktionen, die nicht gegen die allgemeine Bevölkerung gerichtet sind.“ S. 23

Sanktionen
„Gezieltere Sanktionen, die sich nicht gegen die Bevölkerung, sondern gegen Putins Machtapparat und den militärisch-industriellen Komplex und damit gegen die Fähigkeit zur Kriegsführung richten und die im Einklang mit der UN-Charta verhängt werden, können ein wichtiges Druckmittel sein, um einen gerechten Frieden für die Ukraine zu erreichen. Auch gezielte Sanktionen gegen 21 Personen, die sich direkt oder indirekt an Kriegsverbrechen beteiligt haben, können dabei helfen, diplomatischen Druck aufzubauen.“ S. 21-22

EU-Beitritt der Ukraine
„Wir wollen eine solidarische Erweiterung der Europäischen Union, dafür ist die Einhaltung sozialer, ökologischer und demokratischer Standards notwendig Beitrittshilfen sollen der Entwicklung der jeweiligen Länder dienen und sie in die Lage versetzen, diese Standards zu erfüllen, damit auch die Menschen vor Ort profitieren.“ S. 24

Waffenlieferungen an die Ukraine
„Wir lehnen Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete ab. Eine internationale Kontaktgruppe soll Verhandlungen vorbereiten, indem sie konkrete Themen bearbeitet und Kompromissvorschläge entwickelt. Ein Ergebnis des Friedensprozesses müssen belastbare Sicherheitsgarantien sein.“ S. 23

Quelle: Wahlprogramm Die Linke

Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)

Ukraine-Konflikt
„Die Ära der globalen Hegemonie des Westens ist vorbei, der Ukraine-Krieg und die westliche Reaktion darauf haben ihr Ende beschleunigt.“ S. 4

„In der Ukraine tobt ein Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den Vereinigten Staaten, der sich jederzeit zu einem Weltkrieg ausweiten kann. Wir verurteilen den russischen Angriff auf die Ukraine aufs Schärfste. Zugleich sind wir überzeugt, dass dieser schreckliche Krieg vermeidbar war und längst auf dem Verhandlungsweg hätte beendet werden können. Täglich sterben Menschen, die Ukraine wird mehr und mehr zerstört.“ S. 6-7

„Wir fordern ehrliche Bemühungen um einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen. Die künftige deutsche Regierung sollte die diplomatischen Bemühungen Chinas und der Länder des globalen Südens unterstützen und alles dafür tun, Verhandlungen über einen realistischen Friedensplan auf den Weg zu bringen.“ S. 7

Sanktionen
„Eine exportstarke Industrie braucht wettbewerbsfähige Energiepreise und Versorgungssicherheit. Die nach Beginn des Ukrainekriegs verhängten Sanktionen waren ein Konjunkturprogramm für die US-Wirtschaft und ein Killerprogramm für deutsche und europäische Unternehmen.“ S. 9

„Wir brauchen wieder langfristige Verträge zu Energieimporten, die sich am Kriterium des niedrigsten Preises orientieren. Die Bundesregierung sollte mit Russland verhandeln, um über den verbliebenen Strang der Nord-Stream-Pipeline wieder günstiges Erdgas zu beziehen. Sie sollte außerdem eine Wiederherstellung der zerstörten Stränge angehen.“ S. 10

EU-Mitgliedschaft der Ukraine
„Wir wollen einen EU-Erweiterungsstopp, der auch für die Ukraine gilt, die sonst zum Fass ohne Boden für die deutschen Steuerzahler wird.“ S. 8-9

Waffenlieferungen an die Ukraine
„Die EU muss Friedensvermittler sein und darf nicht Kriegspartei werden. Die enormen finanziellen und militärischen Mittel, die die EU für die Unterstützung der Ukraine bereitgestellt hat, die vielen Milliarden, die vorgesehen sind, um europäische Rüstungsschmieden noch profitabler und ihre Eigentümer noch reicher zu machen, sind nutzlos verschleudertes Steuergeld, das wir dringend für wichtigere Aufgaben brauchen.“ S.8

Quelle: Wahlprogramm BSW

🔎 Lesen Sie auch die Aussagen der Kanzlerkandidaten zu den obigen Themen.
2025-02-17 16:28