Fokusanalyse

Mobilität der Zukunft: Moskau investiert in Verkehrsinfrastruktur

Russlands Hauptstadt setzt seit anderthalb Jahrzehnten auf eine umfassende Erneuerung seiner Verkehrsinfrastruktur und hat sich mit einer größten Elektrobusflotten der Welt, mehr als 100 neuen Metrostationen und einer Reduzierung der berüchtigten Staus zu einem Vorreiter urbaner Mobilität in Europa entwickelt. Mit aktuell 20 Mio. Einwohnern in der Stadt selbst und der umliegenden Region, dem Moskauer Gebiet, ist eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur vor dem Hintergrund einer weiter wachsenden Bevölkerung essenziell.

Entwicklung des Straßennetzes
Zwischen 2011 und 2026 wurden insgesamt 1385 Kilometer Straßen, 445 Brücken, Tunnel und Überführungen sowie 315 Fußgängerüberwege gebaut. Im vergangenen wurde das Straßennetz um fast 100 Kilometer erweitert, ergänzt durch 25 neue Brücken, Tunnel und Überführungen sowie 15 Fußgängerüberwege. Für die Jahre 2025 bis 2026 plant die Stadtverwaltung den Bau weiterer 180 Kilometer Straßen, 39 Brücken und Überführungen sowie 51 Fußgängerüberwege. Obwohl das Straßennetz verbessert wurde, sinkt die Anzahl der privaten Autos.

Der Ausbau der Nahverkehrsinfrastruktur wie Metro, Straßenbahn und Pendlerzüge zeigt konkrete Ergebnisse: Die durchschnittliche Zahl der Autos auf Moskaus Straßen ging seit 2022 um 6% zurück, während die Dauer schwerer Staus sich im Vergleich zu 2022 halbierte. Besonders der Ausbau des Moskauer Hochgeschwindigkeitsdurchmessers (MSD) sowie die Eröffnung neuer Bahnlinien (MZD-3 und MZD-4) des Moskauer Zentralen Diameters (MZD) trugen dazu bei, den Verkehr zu entlasten. Viele Pendler aus der Region nutzen inzwischen diese Bahnverbindungen, was die Belastung der Straßen reduziert.

Nicht unweit des Kammer-Büros im Business-Zentrum Filigrad wurde im Dezember 2024 eine neue Brücke über den Fluss Moskwa gebaut. Diese Brücke verbindet die Bezirke Filevsky Park und Khoroshevo-Mnevniki und schafft eine direkte Verbindung zwischen dem westlichen und dem nordwestlichen Verwaltungsbezirk. Sie ermöglicht zudem eine bequeme Anfahrt zur 2021 eröffneten U-Bahn-Station Mnevniki der Großen Ringlinie und bietet einen Vernetzung zu dem sich im Bau befindlichen „Nationalen Raumfahrtzentrum“ der russischen Weltraumorganisation Roskosmos.
Für die kommenden Jahre bis 2027 sieht die Moskauer Stadtregierung große Investitionen in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur vor. Im Rahmen des städtischen Programms „Entwicklung des Verkehrssystems“ sind allein für das Unterprogramm „Autobahnen und Straßennetz“ 444,1 Mrd. Rubel im Jahr 2025, 446,5 Mrd. Rubel im Jahr 2026 und 468,2 Mrd. Rubel im Jahr 2027 vorgesehen. Dies entspricht etwa 8% des jährlichen Stadtbudgets. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei Projekten wie der Fertigstellung der südlichen Anbindung der Moskauer Schnellstraße MSD und der Autobahn Solntsevo-Butovo-Varshavskoe.

Auch die Verkehrssicherheit und das Parkraummanagement wurden verbessert. Ein intelligentes Transportsystem registriert inzwischen über 60 Arten von Verkehrsverstößen, und ein Netz gebührenpflichtiger Parkplätze mit etwa 95.000 Stellplätzen, davon 10% für Menschen mit Behinderungen, hat die Zahl der Parkverstöße laut Stadtverwaltung um 64% gesenkt. Zudem verkürzte sich die Zeit für die Parkplatzsuche um 65%.
Vizebürgermeister Wladimir Efimov betonte, dass Projekte wie der Moskauer Hochgeschwindigkeitsdurchmesser, der Nordwestakkord und die Bagration-Straße zu den größten Errungenschaften der letzten Jahre gehören. Der geplante Bau von weiteren 543 Kilometern Straßen soll die Verbindung zwischen den Bezirken der Hauptstadt und den wichtigsten Stadtautobahnen verbessern, einen besseren Zugang zu Bahnhöfen schaffen und die Gesamtbelastung des Straßennetzes weiter reduzieren.

Emissionsfreier Nahverkehrslösungen
Moskau setzt auf Elektrobusse und Elektroschiffe, um den CO₂-Ausstoß zu verringern und den öffentlichen Nahverkehr nachhaltiger zu gestalten.

Seit 2018 setzt die Stadt Elektrobusse ein und hat eine der größten Elektrobussflotten der Welt und die größte in Europa. Aktuell sind mehr als 1700 elektrische Fahrzeuge auf über 130 Linien in Betrieb, vor allem der russischen Hersteller Kamaz und Liaz. Die Elektrobusse haben seit ihrer Einführung über 400 Mio. Passagiere befördert. Im Jahr 2024 hat Mosgortrans, das staatliche Verkehrsunternehmen, das einen Großteil des öffentlichen Personennahverkehrs betreibt, weitere 51 KAMAZ Fahrzeuge geliefert bekommen, mit weiteren 1.200 geplanten Einheiten bis 2027. Zwischen 2018 und 2023 sank der CO₂-Ausstoß der Stadt durch die Elektrifizierung um 130.000 Tonnen, die Emissionen von ca. 30.000 Autos pro Jahr. Um die Elektromobilität zu unterstützen, verfügt Moskau über drei Ladeparks mit insgesamt 13 Ultra-Schnellladegeräten, die gleichzeitig 78 Elektrobusse aufladen können. Seit 2010 haben außerdem 462 Kilometer separate Fahrspuren für Busse dazu beigetragen, die Effizienz des Nahverkehrs zu steigern.

Im Juni 2023 wurden elektrische Flussstraßenbahnen als neue Form des öffentlichen Nahverkehrs eingeführt. Auf zwei Wasserrouten befördern sie jährlich 1,5 Mio. Passagiere. Die Schiffe verfügen über 50 Sitzplätze und Panoramaverglasung, werden jedoch derzeit hauptsächlich für touristische Zwecke genutzt. Der Ausbau der Flotte ist in vollem Gange: Zehn weitere Schiffe mit erhöhter Kapazität und verbesserter Batterieleistung sind bestellt. Zudem entsteht in Moskau eine Werft, die bis zu 50 Elektroschiffe pro Jahr produzieren kann. Diese Werft, ein Projekt im Wert von rund 600 Mio. Euro, soll 500 Arbeitsplätze schaffen. Kirill Jankow, Vorsitzender des russischen Fahrgastverbandes, kritisierte, dass die elektrischen Flussstraßenbahnen in Moskau derzeit vor allem für touristische Zwecke genutzt werden und ihre Funktion als reguläres Verkehrsmittel nicht erfüllen. Als Gründe nannte er fehlende bequeme Umstiegsmöglichkeiten zur U-Bahn und die hohen Kosten pro Fahrt, die ihre Attraktivität für Pendler mindern.

Agenda 2030: Verkehrsausbau und Künstliche Intelligenz
Die Moskauer Verkehrsstrategie bis 2030 zielt darauf ab, das Verkehrssystem mit Technologien wie KI zu modernisieren, um dem prognostizierten Bevölkerungswachstum der Moskauer Agglomeration von 21,6 Mio. auf 23 Mio. gerecht zu werden. Die Behörden planen den Bau von 48 neuen U-Bahn- und MZD-Stationen sowie die Erweiterung des Schienennetzes und der Stadtstraßenbahn, um die gesamte Moskauer einschließlich angrenzender Gebiete besser mit dem Zentrum zu verbinden.

Ein zentraler Aspekt der Strategie ist der verstärkte Einsatz künstlicher Intelligenz (KI). Derzeit sind bereits 100% der U-Bahn-Stationen, des Moskauer Zentralrings und des Aeroexpress für Flughafentransfers mit biometrischen Bezahlsystemen ausgestattet. Zudem überwacht ein KI-gestütztes Videoanalysesystem den Verkehrsfluss in der U-Bahn. Bis 2030 soll KI eine noch größere Rolle spielen: Mehr als 85 % der Straßenkreuzungen werden mit neuronalen Videodetektoren ausgestattet, und ein erheblicher Teil der Straßenbahnflotte soll fahrerlos betrieben werden. Dies soll Verspätungen um 27% reduzieren. Auch das Straßennetz wird mithilfe smarter Ampeln optimiert.

Der Einsatz des KI-Chatbots „Alexandra“ erleichtert bereits den Zugang zu Verkehrsinformationen, indem er rund um die Uhr Fragen der Fahrgäste beantwortet. Trotz der Fortschritte ist der Personalmangel auch im Verkehrssystem eine Herausforderung: Jede neue U-Bahn-Station erfordert etwa 150 zusätzliche Mitarbeiter.

Nahverkehr nimmt zu
Moskau hat in den vergangenen Jahren einen tiefgreifenden Wandel in der Mobilität und Verkehrsinfrastruktur hinter sich. Ende 2023 wurden 68% des gesamten Passagieraufkommens in der russischen Hauptstadt durch öffentliche Verkehrsmittel bewältigt, ein Anstieg um 4% gegenüber 2022. Die Nutzung privater Verkehrsmittel ging im gleichen Zeitraum um 5% zurück. Diese Veränderung ist auf umfangreiche Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur zurückzuführen, die sowohl den öffentlichen Nahverkehr als auch alternative Mobilitätslösungen umfassen.

Ein wesentlicher Schwerpunkt lag auf der Erweiterung des U-Bahn-Netzes und der Schaffung neuer oberirdischer Strecken. In den vergangenen 15 Jahren wurden mehr als 100 neue U-Bahnstationen eröffnet. Ergänzend dazu wurden Mobilitätsdienste eingeführt, die die Mobilität der Bevölkerung zusätzlich fördern und Alternativen zum Autoverkehr bieten sollen. Seit 2013 steht mit „Velobike“ ein Fahrradverleih zur Verfügung, und seit 2018 können Elektroroller ausgeliehen werden. Zusammen ermöglichen diese Dienste täglich etwa 350.000 Fahrten. Carsharing, das seit 2015 in Moskau etabliert ist, spielt eine wichtige Rolle im Mobilitätsmix der Stadt und wird täglich von rund 240.000 Nutzern in Anspruch genommen. Mit mehr als 40.000 Autos hat Moskau die größte Carsharing-Flotte der Welt.

Marat Chusnullin, der aktuelle stellvertretende Ministerpräsident und ehemalige stellvertretende Bürgermeister für Stadtentwicklung, erklärte, dass jeder Rubel, der in die Verkehrsinfrastruktur investiert wird, eine dreifache Rendite erzielt. Mit mehr als 20 Millionen Einwohnern in Moskau und der Moskauer Region steht die Metropole vor der Herausforderung, eine nachhaltige und effiziente Infrastruktur für ihre wachsende Bevölkerung zu schaffen. Seit 2011, mit dem Amtsantritt von Bürgermeister Sergej Sobjanin, wurden umfangreiche Modernisierungsprogramme umgesetzt, die die Stadt zu einem Vorreiter urbaner Entwicklung machen.
Moskauer Metro: Herz der Hauptstadt
Die Moskauer Metro ist nicht nur das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs, sondern auch ein Symbol für den ehrgeizigen Modernisierungsprozess, den die russische Hauptstadt in den vergangenen Jahren durchlaufen hat. Die Metro spielt eine Schlüsselrolle, sowohl in ihrer Funktion als Transportmittel als auch als Vorzeigeprojekt der russischen Führung.

In den vergangenen 25 Jahren hat die Metro ihren Fuhrpark massiv ausgebaut. Die Zahl der U-Bahn-Waggons stieg von etwa 3000 im Jahr 1999 auf mehr als 6600 im Jahr 2024. Gleichzeitig wird der Fuhrpark kontinuierlich modernisiert. Seit 2010 hat sich der Anteil moderner Züge von 13% auf 75% erhöht, während das Durchschnittsalter der Wagen auf 12 Jahre gesenkt wurde, eine Halbierung im Vergleich zu früheren Jahren. Während die 1935 eröffnete Moskauer Metro täglich mehr als 8,4 Mio. Fahrgäste befördert, sind es in Berlin rund 1,5 Mio. Fahrgäste pro Tag.
Der Ausbau des Moskauer U-Bahnstreckennetzes schreitet zügig voran. Im Jahr 2024 wurden acht neue Stationen eröffnet. Insgesamt plant die Stadt bis 2030 den Bau von 40 weiteren Metrostationen. Wichtige Projekte sind die Birjulewskaja-Linie mit zehn geplanten Stationen und die Rublevo-Archangelskaja-Linie, deren erste Stationen bis 2026 eröffnet werden sollen. Auch der neue Endbahnhof Golyanovo auf der Arbatsko-Pokrovskaya-Linie soll bis 2028 fertiggestellt werden. Besonders heiß von den Moskauern erwartet ist der Bau der Station Dostojewskaja, die erste neue Station auf der Ringlinie seit 70 Jahren, deren Fertigstellung bis 2030 geplant ist.
Am 28. Dezember 2024 wurden drei neue Stationen der Troizkaja-Linie in Betrieb genommen: Kornilowskaja, Kommunarka und Nowomoskowskaja. Damit verfügt Moskau über 271 U-Bahn-Stationen und liegt weit vor anderen russischen Städten wie Sankt Petersburg (73 Stationen) oder Nischni Nowgorod (15 Stationen).

Die Zufriedenheit der Fahrgäste mit der Metro ist hoch. Laut der Moskauer Stadtverwaltung bewerten 94% der Passagiere ihre Fahrgasterfahrung positiv. Im Gegensatz dazu werden Fahrten mit den elektrischen Pendlerzügen (russisch: Elektritschkas) in die an Moskau angrenzenden Regionen nur zu 58% als positiv bewertet.
Quellen: Kommersant, 1, 2, 3, Mos.ru, Vedomosti, 1, 2, 3, MosMetro, ZR, Autostat (alle RU)