Fokusanalyse

Trumps Russland-Team – Zitate und Meinungen

Gestern wurde Donald Trump als neuer und insgesamt 47. Präsident der USA vereidigt. Damit tritt er seine zweite Amtszeit nach seiner ersten Präsidentschaft in den Jahren 2017–2021 an. Noch vor seinem Amtsantritt hat Trump mit großen Wahlversprechen für Aufsehen gesorgt. Immer wieder hat er behauptet, den Ukraine-Konflikt „innerhalb von 24 Stunden“ beenden zu können. Dieses ambitionierte Zeitfenster hat er inzwischen revidiert und hält nun „sechs Monate“ für realistisch, berichtete The Financial Times. Der US-Präsident hat mehrmals signalisiert, sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen zu wollen. Der russische Präsident zeigte sich ebenfalls offen für Gespräche, dem Kreml zufolge soll es aber noch keine konkreten Gespräche zu diesem Thema gegeben haben. Im Folgenden finden Sie Aussagen von Vertretern der neuen US-Regierung sowie Expertenmeinungen zu möglichen Ukraine-Verhandlungen und Sanktionen gegen Russland.

Verhandlungen und Sanktionen
Nach einem Treffen mit Wladimir Selenski und Emmanuel Macron im Élysée-Palast im vergangenen Dezember betonte Trump die Bereitschaft des ukrainischen Präsidenten, in Verhandlungen mit Russland zu treten.

„Selenski will einen Waffenstillstand. Wir haben nicht über die Details gesprochen. Er denkt, dass es an der Zeit ist, auch Putin sollte denken, dass es an der Zeit ist, weil er sehr viele Menschenleben verloren hat. Das wird nicht aufhören, bis es einen Frieden gibt. (…) Ich arbeite an einem Konzept, wie dieser sinnlose Krieg beendet werden kann.“ (New York Post, 08.12.2024)

In einem Interview mit dem Sender Fox News nannte der Ukraine-Sondergesandte Keith Kellogg einen möglichen Zeitrahmen für Verhandlungen im Ukraine-Konflikt und verwies auf Trumps Absichten.

„Wir werden die Bedingungen für den Präsidenten schaffen, und dann wird er in eine Position kommen, in der er schließlich mit Präsident Putin sprechen kann. Dann könnte es zu einer Lösung kommen. Ich würde mir gern sowohl persönlich als auch beruflich ein Ziel setzen. Ich würde sagen, setzen wir es auf hundert Tage. Die Leute müssen verstehen, dass er nicht etwas an Putin oder die Russen geben will. Er versucht, die Ukraine zu retten, und ihre Souveränität.“ (Fox News, 11.01.2025)

Dem Sondergesandten Keith Kellogg kommt in den Verhandlungen eine Schlüsselrolle zu. Der Ex-General soll Trump bereits einen Friedensplan vorgelegt haben.

„Kellogg schlägt vor, die Ukraine-Unterstützung fortzusetzen, damit das Land aus einer Position der Stärke mit Russland verhandeln kann. Ein mögliches Abkommen sieht das Einfrieren der derzeitigen Frontlinie und die Schaffung einer entmilitarisierten Pufferzone vor. Die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine soll ‚für längere Zeit‘ nicht mehr zur Debatte stehen.“ (Bloomberg, 14.01.2025)

Der russische stellvertretende Außenminister Sergei Rjabkow äußerte sich in der vergangenen Woche zurückhaltend zu Verhandlungen mit den USA:

„Ich gehe davon aus, dass einzelne Initiativen in Form von Telefonaten möglich sind. Wir sind offen dafür. (…) Wir sind überzeugt, dass ein Dialog besser ist als keiner. Die Beziehungen bergen nach wie vor Konfliktpotenzial und der Umgang mit diesen Risiken muss im Fokus bleiben.“ (Kommersant, 14.01.2025)

Der neue US-Außenminister Marco Rubio bezeichnetet in einer Senatsanhörung von vergangener Woche Sanktionen als wichtiges Mittel in den Verhandlungen.

„Es ist äußerst schwierig, zu einer Einigung zu kommen, die mit einer Waffenruhe beginnt und einem Friedensabkommen endet, wenn nicht beide Seiten Druckmittel haben. Es gibt einige Hebel jenseits der militärischen Möglichkeiten. Wir haben viele Sanktionen gegen Russland, die kontinuierlich ausgeweitet werden.“ (CNN, 15.01.2025)

Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg erwägt die Trump-Administration zwei Szenarien im Umgang mit den Russland-Sanktionen. Dabei sei noch unklar, welchen der beiden Ansätze Trump wählen werde.

„Das erste Szenario sieht – sollte sich eine Lösung im Ukraine-Konflikt abzeichnen –Sanktionslockerungen für russische Ölproduzenten vor, die zu einem Friedensabkommen beitragen könnten. Die zweite Option beruht auf einer Verschärfung der Sanktionen, um den Druck zu erhöhen.“ (Bloomberg, 16.01.2025)

In einem weiteren Beitrag verweist Bloomberg auf die jüngsten Sanktionen der USA und Großbritanniens gegen den russischen Energiesektor.

„Die führenden Politiker in Europa sind zunehmend davon überzeugt, dass in absehbarer Zeit eine Einigung zur Beendigung des Krieges zustande kommen wird. Die Hoffnung ist, dass die Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau und die anhaltende militärischen Unterstützung für Kiew Russland wirtschaftlich und militärisch zusetzt und Friedensverhandlungen herbeiführt.“ (Bloomberg, 14.01.2025)

Ein vielbeachteter Artikel der britischen Financial Times verweist auf die Motivation der neuen US-Administration.

„Die USA Team haben noch keinen endgültigen Plan zur Lösung des Konflikts und werden bis auf Weiteres an der Unterstützung für die Ukraine festhalten. ‚Das ganze Trump-Team ist besessen von Stärke und will das auch demonstrieren, daher passen sie ihren Ukraine-Ansatz an‘, wird ein europäischer Beamter zitiert, der mit Trumps Team in Kontakt stand.“ (Financial Times, 09.01.2025)

Was sagen Experten
Thomas Graham, ehemaliger Berater im Nationalen Sicherheitsrat unter George W. Bush, plädiert in einem Beitrag dafür, dass Trump gleich nach seiner Amtseinführung das direkte Gespräch mit Putin suchen und ihm klar machen sollte, dass „die USA weder eine strategische Niederlage Russlands noch einen Regimewechsel im Land anstreben“.

„Die Wiederherstellung regelmäßiger diplomatischer Beziehungen ist dringend nötig. Dies ist kein Aufruf zu einem Neustart, der weder möglich noch erstrebenswert ist. Dafür sind die Interessenkonflikte zu tiefgreifend. Die Aufgabe besteht vielmehr darin, eine gefährliche feindliche Beziehung in eine im Wettbewerb befindliche Koexistenz umzuwandeln, in der entgegengesetzte geopolitische Interessen verantwortungsvoll gehandhabt werden.“ (The Hill, 20.12.2024)

Einen möglichen Knackpunkt in den russisch-amerikanische Beziehungen sieht der Politologe Eduard Losanski in der Einstellung der USA gegenüber anderen globalen Akteuren.

„Womöglich wird Trump nach seiner Amtseinführung am 20. Januar bestimme Maßnahme ergreifen. Allerdings ruft das von Trump zusammengestellte Team gemischte Gefühle hervor. Seine Leute werden allem Anschein nach mit Russland aus einer Position der Stärke reden. Und das wird wohl das größte Problem der Trump-Administration sein. Zu sehr könnte sie von der eigenen Überlegenheit überzeugt sein gegenüber Ländern wie Russland, China, Iran und anderen, die sich für eine multipolare Welt einsetzten.“ (Izvestia, 04.12.2024)

Der Spiegel zitiert eine Russland-Expertin, die auf die Bedenken des Kremls hinsichtlich der Ukraine-Verhandlungen hinweist.

„Im Kreml fürchte man zunehmend, dass Trump einen ‚sofortigen Waffenstillstand‘ als Selbstzweck anstrebe, um zu demonstrieren, wie effektiv er den Krieg beenden könne, schreibt die russische Politanalystin Tatjana Stanowaja. Putin aber ginge es darum, mit dem Westen strategische Fragen der Sicherheit zu klären. Ein Waffenstillstand könne der russische Machthaber allenfalls als taktisches Zugeständnis erwägen, um Trump zu beschwichtigen – und damit den Weg zu ebnen, seine Kernforderungen gegenüber der Ukraine durchzusetzen.“ (Spiegel, 25.12.2024)

Die Neue Zürcher Zeitung hebt zahlreiche Streitfragen hervor, die mögliche Verhandlungen im Ukraine-Konflikt äußerst schwierig machen.

„Ein echter Frieden scheint vor diesem Hintergrund unerreichbar. Das schliesst nicht aus, dass sich die diplomatischen Bemühungen in diesem Jahr verstärken und westliche Politiker zumindest den Anschein eines Friedensprozesses entstehen lassen. Entscheidend ist vor allem die militärische Entwicklung. Ein Waffenstillstand wird dann wahrscheinlicher, wenn Russland zur Einsicht gelangt, seine Ziele nicht mit vertretbarem militärischem Einsatz erreichen zu können. Angesichts der ukrainischen Schwäche an vielen Frontabschnitten bedingte dies jedoch eine deutliche Steigerung der westlichen Militärhilfe, wofür derzeit der politische Wille fehlt.“ (Neue Zürcher Zeitung, 11.01.2025)

Andrei Ilnizki, langjähriger Berater des früheren russischen Verteidigungsministers Sergei Schoigu und heutiger Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, schließt eine Sicherheitsarchitektur auf einer multipolaren Basis unter Trump aus und führt weiter aus:

„Die ‚Ausschaltung von China‘ hat für das Trump-Team oberste Priorität, zumindest am Anfang. (…) Das Wichtigste kommt allerdings im zweiten Akt, in dem Trump als Präsident unter seiner Losung ‚Make America great again‘ einen ‚großen Deal’ unter überwiegend amerikanischen Bedingungen anstrebt. Es muss ein ‚Frieden durch Stärke‘ her, das wäre Trumps persönlicher Triumph im neuen Kalten Krieg gegen Widersacher und Konkurrenten Amerikas. Damit will er in die Geschichte eingehen.“ (Kommersant, 16.01.2025)

Der Politologe Anatol Lieven schreibt in der der britischen Zeitschrift The Spectator über Chancen, die sich für Trumps Realpolitik ergeben.

„Trump und Putin sehen die globale Politik ähnlich: Ihnen geht es um die Abgrenzung von Einflusssphären, große Deals und die rücksichtslose Verteidigung nationaler Interessen. Während der Revolution in der Ukraine und Russlands Intervention 2014 erklärte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass Putin realitätsfern sei und ‚in einer anderen Welt lebt‘. Doch anscheinend lebt Trump in der gleichen Welt wie Putin. Das ruft bei der britischen und europäischen Elite die furchtbar beunruhigende Frage hervor: Was, wenn Putin und Trump (und Xi Jinping und Narendra Modi gleich mit) tatsächlich einen viel engeren Bezug zur Realität haben als die europäischen Institutionen der letzten Generation und sich daher untereinander besser einigen können?“ (The Spectator, 12.01.2025)