Fokusanalyse

Globaler Glücksindex: Deutschland vor Russland

Zum achten Mal in Folge hat der Weltglücksbericht der Universität Oxford Finnland zum glücklichsten Land der Welt gekürt. Deutschland schneidet im Ranking besser ab als Russland. Nicht zuletzt, weil Inflation und hoher Leitzins die Stimmung in Russland drücken. Die Bundesrepublik wiederum scheint sich zumindest bei der Stimmung von den Krisen der vergangenen Jahre langsam zu erholen.

Der World Happiness Report der renommierten britischen Universität erscheint alljährlich zum Weltglückstag am 20. März. Das Glücksranking der Länder wird auf Grundlage von weltweiten Umfragen zur Lebenssituation und Zufriedenheit der Menschen erstellt. Auf einer Skala von 0 bis 10 geben die Umfrageteilnehmer subjektive Einschätzungen zu Zufriedenheit und wahrgenommener Lebensqualität ab. In die Bewertung fließen auch die nationale Wirtschaftsleistung, Gesundheit und Aspekte wie Vertrauen gegenüber Staat und Mitmenschen ein.

Finnische Zufriedenheit
Die Finnen seien mit ihrem Leben zufrieden, weil sie Stabilität, Geld, ein gutes Gesundheitssystem hätten und über feste soziale Bindungen verfügten, erklärt der Verhaltensforscher Jan-Emmanuel De Neve's von der Universität Oxford. Darüber hinaus verweist der Professor auf die Naturverbundenheit der Finnen, die durch die vielen Wälder und Seen des Landes begünstigt wird.

Die Finnen selbst zeigen sich über das ihnen attestierte Glück irritiert. Die in Finnland lebende Sozialpsychologin Jennifer De Paola weist in einem Beitrag der Nachrichtenwebsite Business Insider darauf hin, dass die Menschen in der Studie eigentlich nach ihrer Zufriedenheit befragt würden und von Glück keine Rede sei. Kritiker bemängeln an dem Glücksbericht unter anderem, dass kulturelle Unterschiede zwischen den Ländern sowie verschiedene Auffassungen von Glück nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Top 10 der Glücksländer
Auffallend gut schneiden die skandinavischen Länder ab. Nach Finnland an der Spitze folgen Dänemark, Island und Schweden. Die Niederlande gehört mit Platz fünf ebenso zu den Glücklichen wie Norwegen auf Rang sieben. Die einzigen Vertreter des amerikanischen Kontinents sind Costa Rica (6) und Mexiko (10). Israel liegt auf Position acht, gefolgt von Luxemburg (9), das es als zweiter Beneluxstaat in die Top 10 geschafft hat.

Das glücklichste deutschsprachige Land bleibt die Schweiz, die von neun auf 13 abgerutscht ist. An Glücksgefühl eingebüßt haben auch die Österreicher, die drei Ränge hinter dem Ergebnis des Vorjahres auf Position 17 landen. Deutschland konnte sich dagegen von Rang 24 auf 22 verbessern.

Die USA haben mit Rang 24 ihre bislang schlechteste Platzierung eingenommen. Das abnehmende Glücksgefühl und das sinkende soziale Vertrauen in den USA und in Teilen Europas seien ein wesentlicher Grund für zunehmende politische Polarisierung, lautet ein Fazit der Studie.

Was die Russen bedrückt
Russland rangiert mit Platz 66 im Mittelfeld des Rankings – das Land rückt sechs Ränge im Vergleich zum Vorjahr auf. Im postsowjetischen Raum schneidet das Land besser ab als die Nachbarstaaten Armenien (87), Georgien (91), Aserbaidschan (106). Der Studie zufolge leben jedoch die glücklichsten Menschen dieser Weltregion in Litauen (16), Estland (39) und Kasachstan (43).

In einer Herbst-Umfrage des russischen Meinungsforschungszentrums WZIOM gab mehr als die Hälfte der Befragten an, glücklich zu sein. Der Glücksindex lag bei 62 von 100 möglichen Punkten, drei Prozentpunkte weniger gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der VZIOM-Meinungsforscher Stepan Lwow erklärt den Rückgang durch sozioökonomische Faktoren. Zum einem verringere die hohe Inflation den positiven Effekt des Einkommenszuwachses der vergangenen Jahre innerhalb der Bevölkerung, so der Experte. Zum anderen wirke sich die strenge Geldpolitik der russischen, die Inflation nicht in den Griff bekommende Zentralbank negativ auf die Kreditwürdigkeit der Menschen in Russland aus. Ebenso verringere sie die Verfügbarkeit von Wohnraum und Konsumgütern. Das „Einfrieren der Wirtschaft“ könnte künftig den Anteil der glücklichen Menschen in Russland weiter schmälern, warnt der Meinungsforscher. Die Inflationsrate mit Stand vom 24. März betrug in Russland 10,22%, im Februar waren es 10,06%. Zum Vergleich: In Deutschland lag die Inflation im Ferbruar bei 2,3%.

Deutscher Glücksatlas
Der SKL Glücksatlas, der in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg erstellt wird, zeichnet im Vergleich zum britischen Weltglücksbericht, in dem Deutschland auf 6,75 Punkte kommt, ein positiveres Bild vom Glücksempfinden der Deutschen. Demnach betrug die durchschnittliche Lebenszufriedenheit im vergangenen Jahr 7,06 Punkte, ein deutlicher Anstieg gegenüber 2022, als sie bei 6,49 Punkten lag. Dafür sehen die Forscher mehrere Gründe. Zum einen waren die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Jahr 2024 für die Mehrheit der Bevölkerung kaum noch spürbar. Zum anderen hätten sich die Krisen der letzten zwei Jahre (Energiekrise, Ukrainekonflikt) als weniger gravierend erwiesen als zunächst befürchtet. Laut dem SKL Glücksatlas hat auch der Inflationsrückgang zur gestiegenen Einkommenszufriedenheit der Deutschen beigetragen.

In Bezug auf die Bundesländer leben die glücklichsten Deutschen in Hamburg (7,38 Punkte). Hamburg glänzt laut dem Glücksatlas mit einer hohen Wirtschaftskraft, einer guten Gesundheitsversorgung, guten Schulen und Betreuungseinrichtungen. An zweiter Stelle folgt Bayern (7,23 Punkten) und punktgleich Schleswig-Holstein. Am wenigsten zufrieden sind die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern (6,17 Punkte).

Glückseinkommen
Ein wichtiger Faktor für die Lebenszufriedenheit ist das Einkommen. Meinungsforscher gehen regelmäßig der Frage auf den Grund, wie viel Geld Menschen benötigen, um glücklich zu sein. Laut dem russisches Stellenportal Superjob wünschen sich die Russen im Schnitt 250.000 Rubel (2689 Euro) Monatsgehalt, das macht ein Jahreseinkommen von 3 Mio. Rubel (32.300 Euro). In Deutschland liegt die Zahl wesentlich höher: 79.600 Euro brutto im Jahr, was einen Monatslohn in Höhe von rund 6633 Euro erfordern würde, wie aus einer Studie des Finanzdienstleisters Smoney hervorgeht.

Beide Länder sind aber von ihrem Traumgehalt noch ein Stück entfernt. Nach Angaben der russischen Statistikbehörde Rosstat betrug der durchschnittliche Monatslohn 2024 in Russland 84.000 Rubel (913 Euro), in Deutschland lag das monatliche Nettogehalt bei 2697 Euro, wie Statista-Zahlen belegen.

Quellen: Süddeutsche Zeitung, Komsomolskaja Prawda, RBC 1, 2 (beide RU), SKL Glücksatlas, Münchner Merkur, Business Insider (EN), Statista, WZIOM, Gogov (beide RU)