Fokusanalyse

Putin zu westlichen Marktteilnehmern in Russland

Analyse

1. Äußerungen Wladimir Putins 2025
2. Beim Investmentforum „Russia Calling“ im Dezember 2024
3. Zu Dividendenzahlungen und deutschen Firmen in Russland im März 2023

Zu den Rückkehr-Bedingungen für Firmen aus westlichen Ländern, die den russischen Markt in den vergangenen drei Jahren verlassen haben, wie auch zu den westlichen Firmen, die in Russland bleiben, hat sich Präsident Wladimir Putin mehrmals und zunehmend schärfer geäußert.

Äußerungen Wladimir Putins 2025

Die Zukunft westlicher Unternehmen in Russland war dem Kreml-Chef bei der 34. Jahresversammlung des Russischen Unternehmerverbandes RSPP am 18. März 2025 in Moskau ein ganzes Viertel seiner 20-minütigen Rede wert:

  • „Ich möchte anmerken, dass es unter den ausländischen Unternehmen, die Russland unter dem politischen Druck der sogenannten Eliten ihrer Länder verlassen haben, auch solche gibt, die ihr Personal und ihre Technologie behalten und das Management an die russische Führung übergeben haben. Im Wesentlichen waren sie weiterhin auf unserem Markt tätig, allerdings unter einer anderen Marke. Wir sind uns bewusst, dass diese Investoren ein hohes Risiko eingegangen sind und mit negativen Reaktionen ihrer Regierungen rechnen mussten. Dennoch haben sie eine unabhängige und verantwortungsvolle Entscheidung getroffen. Und natürlich respektieren wir diese Entscheidung und werden unsere Partner mit Respekt behandeln.“

  • „Allerdings gab es auch andere Unternehmen, die demonstrativ die Tür zuschlugen, ihr Russland-Segment – oft mit großem Abschlag – verkaufen wollten und dies auch taten, oder, noch schlimmer, begannen, ihre Aktivitäten zu sabotieren und damit ganze Teams, ihre russischen Kunden, Lieferanten und Auftragnehmer in eine gefährliche Lage zu bringen. Diese Unternehmen sind uns gut bekannt, und wir waren gezwungen, in ihnen ein Interim-Management einzusetzen. Ich verstehe, dass einige westliche Eigentümer verängstigt waren und nicht den Mut fanden, sich ihren Regierungen zu widersetzen. Genau dieser Druck erklärt ihr Verhalten. Doch für den Fall, dass der Wind mal wieder aus einer anderen Richtung weht, haben sie sich, wo es möglich war, Schlupflöcher offengehalten. Sie behielten sich das Recht vor, das Unternehmen zurückzukaufen, wobei eine entsprechende Option vorgesehen war.

Ich bitte die Regierung, diese Situation und ähnliche Transaktionen genau zu verfolgen, damit sich nicht herausstellt, dass die Eigentümer ihr Unternehmen in Russland zu einem niedrigen Preis verkauft haben, es im Grunde seinem Schicksal überlassen haben und nun den Vermögenswert zurückkaufen möchten – und das für denselben bescheidenen Geldbetrag. So sollte es nicht sein. So wird es auch nicht sein!“

Die komplette Rede von Wladimir Putin auf Deutsch finden Sie hier.

Beim Besuch des Unternehmerverbandes „Delowaja Rossija“ am 13. Mai 2025 äußerte sich der russische Präsident wie folgt:

  • „Ich kenne viele Wirtschaftsvertreter in Europa und den USA seit Jahrzehnten. Für sie wäre es kein Problem, sich zu entschuldigen. Um auf unseren Markt zurückzukehren, würden sie auch nicht davor Halt machen, uns auf die Lippen zu küssen. Das reicht uns aber nicht. Wir müssen pragmatisch sein. Wenn es uns nützt, dass ein Unternehmen zurückkommt, dann soll es gerne zurückkommen. […] Wenn es aber uns nichts nützt, dann sollten wir 1000 Gründe finden, warum dieses Unternehmen nicht hier sein sollte. Und von diesen 1000 Gründen würden 999 voll und ganz den WTO-Anforderungen entsprechen, das können Sie mir glauben. Und über den einen verbleibenden Grund würde man sich mindestens 15 Jahre lang vor Gericht streiten.“

  • „Wir müssen natürlich das Verhalten unserer Partner in den letzten drei Jahren berücksichtigen. Das geht nicht anders. Wir müssen menschlich vorgehen. Es gibt Unternehmen, die nicht gehen wollten, die sich buchstäblich unter Tränen zurückzogen. […] Solche Fälle kennen wir ja alle. Ich bat die Regierung, das zu berücksichtigen.“

Den genauen Wortlaut des Gesprächs zwischen Wladimir Putin und Alexej Repik, Präsident des Unternehmerverbandes „Delowaja Rossija“, können Sie hier nachlesen.
Präsident Wladimir Putin hat am 26. Mai im Kreml eine Gruppe russischer Wirtschaftsvertreter empfangen. Der formelle Anlass war der Tag des russischen Unternehmertums. Laut Kreml-Pressedienst nahmen an dem Treffen Topmanager von Unternehmen teil, die „die technologische Souveränität gewährleisten, die weggegangenen ausländischen Marken erfolgreich ersetzen, neue Arbeitsplätze schaffen und Märkte im Ausland aktiv erschließen“.

Mit dabei waren Oleg Parojew, Geschäftsführer des McDonald’s-Nachfolgers „Wkusno – i totschka“, Ilja Siwzew, CEO des IT-Unternehmens Astra Group, Irina Malamant, Geschäftsführerin des Medizintechnikanbieters Neurosoft, Jan Zentner, CEO des Maschinenbau-Giganten UZMT-Kartex, Denis Baranow, CEO von Positive Technologies aus dem Bereich Cybersicherheit, sowie der Erste Vizepremier Denis Manturow, Finanzminister Anton Siluanow; Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow und Putins Wirtschaftsberater Maxim Reschetnikow.

Beim Treffen äußerte sich der russische Präsident wie folgt:
  • „Viele ausländische Unternehmen haben sich aus Russland zurückgezogen. Das geschah oft unter Zwang von sogenannten politischen Eliten des Westens. Einige dieser Unternehmen ließen dabei ihre russischen Partner im Stich, das ist offensichtlich.“

  • Über Medizintechnikhersteller: „Als die bekannten Ereignisse begannen, weigerten sich viele westliche Unternehmen, nicht nur neue Geräte nach Russland zu liefern, sondern auch die bereits verkaufte Ausrüstung zu warten. Amerikanische Firmen haben übrigens diese ganzen Jahre weiter reibungslos geliefert und gewartet. Viele Europäer sind aber abgesprungen.“

  • Zur Entlassung russischsprachiger Mitarbeiter bei westlichen IT-Firmen wie Google und Amazon: Denjenigen, die das tun, fehlt die Weitsicht. Sie lassen sich von kurzfristigen politischen Zielsetzungen leiten, statt sich um ihre Zukunft und um ihre reale Geschäftslage zu kümmern. […] Wir sind schon dabei, internationale Märkte für Cybersicherheit zu erobern. […] Sie werden nicht nur unsere Spezialisten los. Schon früher haben sie damit angefangen, auch unsere Unternehmen und ihre Dienstleistungen loszuwerden, die im Ausland im Bereich Cybersicherheit erfolgreich und konkurrenzfähig waren. Das ist schlicht ein Teil des unfairen Wettbewerbs auf dem Markt.“

  • Reaktion auf die Bitte eines Gesprächsteilnehmers, die Tätigkeit von Zoom, Microsoft und anderen westlichen Unternehmen, die trotz Rückzugsverkündung weiter in Russland aktiv sind, etwas einzuschränken: „Wir müssen sie erwürgen. Da will ich mir kein Blatt vor den Mund nehmen. Denn auch sie versuchen uns zu erwürgen. Wir haben niemanden rausgeschmissen, niemanden gestört. Sondern wir haben für sie denkbar günstige Arbeitsbedingungen auf unserem Markt geschaffen, und sie versuchen jetzt, uns zu erwürgen. Wir müssen Gleiches mit Gleichem vergelten, spiegelbildlich handeln.“

  • „Durch diese [ausländischen – Anm. d. Red.] Online-Marktplätze kann alles Mögliche nach Russland gelangen. Darüber sprechen wir schon lange. Das ist ein Schlupfloch, auf das man unbedingt achten muss.“

  • „Auch wenn die Preise russischer Hersteller aus bestimmten Gründen manchmal höher sind, müssen wir bei kritisch wichtigen Technologien dennoch das Einheimische unterstützen. Wir können lange über marktwirtschaftliche Methoden diskutieren. […] Aber die südkoreanische Regierung hat in den 1960er-Jahren ihren Schiffbau, insbesondere den Bau von Großschiffen, massiv unterstützt. Sie führen [in der Branche – Anm. d. Red.].“

  • Stichwort Atomeisbrecher-Bau: „Außer Russland kann das niemand. Der finnische Präsident Stubb hat in den USA vermutlich versprochen, Atomeisbrecher zu bauen. Aber ist Finnland tatsächlich in der Lage, auch nur einen Atomeisbrecher zu bauen? […] Die USA sagen schon: ‚Wir werden unsere Atomeisbrecher in Finnland bauen lassen.‘ Der finnische Schiffbau hat seinerzeit von sowjetischen und russischen Aufträgen profitiert. Aber Atomeisbrecher haben sie nie gebaut. Und schon gar nicht solche wie unser Atomeisbrecher ‚Leader‘. […] Sie haben nicht die nötige Erfahrung. Und trotzdem pushen sie. Das ist im Grunde genommen ein Betrug.“

  • Im Gespräch mit Oleg Parojew, Geschäftsführer der russischen Fastfood-Kette „Wkusno – i totschka“, heutiger Betreiber von ehemaligen McDonald’s-Restaurants nach dem Marktaustritt des US-Giganten: „Als Ihr nicht gerade sehr redlicher Partner Russland verließ, ließ er die Mitarbeiter im Regen stehen, nicht wahr? Hat er übrigens ein Rückkaufrecht? [Antwort: „Ja“]. Das Unternehmen hat sich also verdrückt und alle hier im Stich gelassen. Und wenn es sich jetzt für eine Rückkehr entscheiden soll, müssen wir ihm den roten Teppich ausrollen? Nein, müssen wir nicht! Ich habe die Regierung schon beauftragt, ohne jegliche Grobheit ein Rückkehrprogramm für diejenigen auszuarbeiten, die zurückkehren möchten, wobei die Interessen unserer Wirtschaft unbedingt berücksichtigt werden müssen.“

  • „Dass Russland gemessen an der Kaufkraftparität heute die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt ist, ist Ihr direktes Verdienst, das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit von Belegschaften und von Unternehmen aus allen Regionen der Russischen Föderation.“

Beim Investmentforum „Russia Calling“ im Dezember 2024

Bei dem von der Staatsbank VTB organisierten Forum „Russia Calling!“ am 5. Dezember 2024 ging Wladimir Putin einmal mehr auf die Präsenz von westeuropäischen und amerikanischen Unternehmen auf dem russischen Markt ein. Er antwortete auf die Frage des deutschen Vermögensverwalters André Barendregt, ob Russland denjenigen deutschen und europäischen Unternehmen, die es zuletzt verlassen hätten, eine „zweite Chance“ geben würde, wenn sie in Zukunft auf den russischen Markt zurückkehren wollen:

  • „Wir werden keine besonderen Bedingungen schaffen. Wir haben niemanden rausgeworfen oder verbannt, unsere Türen sind offen. Sehr viele Nischen aber, die durch das Ausscheiden unserer europäischen Partner frei geworden sind, sind in den vergangenen zwei Jahren aktiv von Unternehmen aus anderen Ländern besetzt worden. […] Daher wird es [für Firmen, die den Markt verlassen haben] ziemlich schwierig sein, einfach auf die früheren Plätze zurückzukehren. Wir aber werden keine besonderen Hindernisse aufbauen.“

Auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg im Juni 2023 hatte der russische Präsident in einer Grundsatzrede erstmals verlauten lassen, dass Russland seine Türen nicht vor denjenigen westlichen Investoren verschließen würde, die eines Tages ins Land zurückkehren wollten:

  • „Sollte ein ausländischer Investor Interesse bekunden, nach Russland zurückzukehren, sind die Türen nicht verschlossen. Einheimische Unternehmen fürchteten sich nicht vor Konkurrenz. Die russische Regierung wird auch für ausländische Mitbewerber auf dem russischen Markt gute Bedingungen schaffen.“

  • „Einige transnationale Konzerne haben Russland verlassen. Leider haben sie dem kräftigen politischen Druck ausländischer Regierungen nachgegeben. Wie Sie gut wissen, haben wir niemanden aus unserem Markt, aus unserer Wirtschaft verjagt. Ganz im Gegenteil: Wir hatten [ausländischen Unternehmen] nahegelegt, dass sie Pro und Contra abwägen, über ihre russischen Partner sowie die möglichen Folgen eines solchen Schritts nachdenken sollten. Jeder unserer Partner hatte das Recht zu wählen.“

Zu Dividendenzahlungen und deutschen Firmen in Russland im März 2023

Während seines Auftritts bei der Jahresversammlung des Russischen Unternehmerverbandes RSPP am 16. März 2023 hatte sich der russische Präsident Wladimir Putin zu Dividendenzahlungen an Unternehmen aus „unfreundlichen Ländern“, die Russland sanktionieren, und zu deutschen Firmen in Russland geäußert:

  • „Wenn gegenüber unserer Wirtschaft, gegenüber russischen Vermögenswerten und den Gold- und Währungsreserven unserer Zentralbank ungerechtfertigte und ungesetzliche Entscheidungen getroffen werden, führt dies auf unserer Seite zur Notwendigkeit, adäquat zu handeln, auch bei Dividenden und der Überweisung auf S-Konten, das heißt die Unmöglichkeit dieses Geld ins Ausland zu transferieren. Ich verstehe, dass dies die Möglichkeiten unserer redlichen Partner und Freunde einschränkt, die in Russland tätig waren, tätig sind und tätig bleiben wollen. Wir sollten deshalb unsere Position korrigieren und nicht wie diejenigen agieren, die falsche Entscheidungen treffen, was die Zusammenarbeit mit Russland betrifft und das zum Schaden ihrer eigenen Wirtschaft.“

  • „Bereits vor den Ereignissen des letzten Jahres habe wir mehr als einmal darüber gesprochen – und Sie haben mir damals erzählt, dass Ihre wichtigsten Partner, bekannte deutsche Unternehmen, immer Rücksicht darauf genommen haben, was die berüchtigte ‚Regentin‘ in Übersee dazu sagen würde. Verstehen Sie? Ich erinnere mich noch ganz genau, wie Sie damals darüber geklagt haben. Die [deutschen Unternehmer] hätten die ganze Zeit auf die Zurufe aus Washington Rücksicht genommen und sich vor einem nächsten Schritt gescheut, sich überlegt, wie man eine Situation konstruieren, was man sich einfallen lassen soll, um einen Schritt im Sinne unserer Zusammenarbeit zu ermöglichen. Am Ende sind wir da gelandet, wo wir sind.“

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