Fokusanalyse

SPIEF 2025: Putin, Minister, Topmanager zu Russlands Wirtschaft und Firmenrückkehr

Analyse

Lage der russischen Wirtschaft

Maxim Oreschkin, stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung:
„Die westlichen Sanktionen konnten unsere Wirtschaft nicht erschüttern; sie hat sich umgestellt und arbeitet erfolgreich mit Ländern zusammen, die zur Kooperation mit Russland bereit sind. Das sind China, Indien, alle BRICS-Staaten, Länder des globalen Südens und Ostens. Diese Partner machen bereits mehr als die Hälfte der Weltwirtschaft aus, und damit haben wir mehr als genug, damit unser Land sich weiterhin gut entwickeln kann.“ TASS (RU)

Maxim Reschetnikow, Wirtschaftsminister:
„Nach den aktuellen Wahrnehmungen der Unternehmen und anhand unserer Indikatoren befinden wir uns insgesamt bereits, so scheint mir, am Rande zum Übergang in eine Rezession.“ RBC (RU)

German Gref, Vorstandschef Sberbank:
„Ich sehe keinerlei Rezession, denn eine Rezession ist schließlich durch feste Kriterien definiert – und bisher gibt es nichts Derartiges.“ Kommersant (RU)

Elwira Nabiullina, Chefin der russischen Zentralbank:
„Jetzt, da Maxim Oreschkin von der Erschöpfung des bisherigen Wachstumsmodells spricht, stimme ich ihm zu. Wir sind zwei Jahre lang ziemlich zügig gewachsen, weil ungenutzte Reserven – vor allem Arbeitskräfte – mobilisiert wurden. Sehen Sie, wie stark die Arbeitslosigkeit gefallen ist. Viele Unternehmen sind jetzt mit Personalmangel konfrontiert. Ungenutzte Produktionskapazitäten wurden frei – westliche Firmen sind weggegangen, und es gab Importsubstitution. Außerdem wurden vorhandene Haushaltsmittel aus dem Fonds für nationalen Wohlstand für Investitionen ausgegeben und die Kapitalpuffer des Bankensystems für eine beschleunigte Kreditvergabe genutzt. Aber wir müssen verstehen, dass viele dieser Ressourcen tatsächlich erschöpft sind und wir über ein neues Wachstumsmodell nachdenken müssen. […] Es geht um den Übergang auf die nächste technologische Stufe. Die Steigerung der Produktivität haben wir schon 2008 und 2009 an erste Stelle gesetzt – ewiggültige Rezepte, die dadurch aber nicht falsch werden“. RBC (RU)

Anton Siluanow, Finanzminister:
  • „Ich würde sagen, es gibt gerade eine Abkühlung – aber auf eine Abkühlung folgt immer der Sommer.“ RBC

  • „Wir haben uns darauf geeinigt, die Steuern grundsätzlich nicht anzutasten. Und das ist richtig, denn das ist ein Instrument, das unsere Politik berechenbar macht.“ RBC (RU)

Elwira Nabiullina, Chefin der russischen Zentralbank:
„Anders ausgedrückt ist das der Ausstieg aus einer Überhitzung. Die Nachfrage wuchs, das Angebot blieb zurück – daher kam Überhitzung und Inflation, das ist recht einfach.“ RBC (RU)

Dmitrij Breitenbicher, Vorstandsmitglied der VTB Bank:

  • „Nach Einschätzung der VTB wird das gesamte von Privatpersonen angezogene Volumen im ersten Halbjahr 2025 61 Bio. Rubel (676,8 Mrd. Euro) erreichen, ein Anstieg um 6,1%. Bis zum Jahresende wird dieser Wert laut Prognose der Bank nahe an 70 Bio. Rubel (776,6 Mrd. Euro) liegen – das Jahreswachstum könnte rund 20% betragen. […] Die überwiegende Mehrheit der Einlagen legen die Russen in Rubel an. Der Anteil der Devisenersparnisse sinkt weiter und dürfte bis Jahresende 6% nicht überschreiten.“ TASS (RU)

  • „Die Senkung der Zinsen verläuft sanft. Einlagen bleiben für Millionen Russen ein verständliches und rentables Instrument mit stabilem Einkommen. Das Rekordwachstum des Marktes lag im vergangenen Jahr bei 30 %. In diesem Jahr stabilisiert sich die Lage – ein positives Signal für die Wirtschaft, denn ein jährliches Wachstum um ein Drittel ist bereits ein Zeichen für eine ‚Überhitzung‘.“ RBC (RU)

Leitzins, Inflation und Rubelkurs

Elwira Nabiullina, Chefin der russischen Zentralbank:
„Wir werden beharrlich darauf hinarbeiten, die Inflation auf den Zielwert von 4% zurückzuführen, um die Kaufkraft der Einkommen zu erhalten und die Stabilität der Planung zu gewährleisten.“ Gazeta.ru (RU)
Oleg Deripaska, Industrieller:
„In unserem Land legt man sein Geld jetzt am besten auf ein Bankdepot.“ RBC (RU)

Andrej Gangan, Abteilungsleiter Geldpolitik bei der russischen Zentralbank:
„Der Wechselkurs, den wir jetzt sehen, ist der Gleichgewichtskurs: Er spiegelt die objektive Wirtschaftslage wider, selbst wenn das nicht mit den Ansichten und Wünschen mancher Experten übereinstimmt.“ Kommersant (RU)

Maxim Reschetnikow, Wirtschaftsminister:
„Wir haben im Kampf gegen die Inflation deutlich größere Erfolge erzielt, als wir derzeit sagen. Im April-Mai lag die stabile Inflation bei 5%, in den letzten Wochen zeigt sie 2%. Damit sehen wir natürlich ein großes Potenzial für eine Senkung des Leitzzinses und warten darauf.“ RBC (RU)

Wladimir Werchoschinski, Vorstandsvorsitzender Alfa-Bank:
„Ein hoher Zinssatz, der die Rückkehr der Inflation zum Zielwert gewährleistet, unterstützt in größerem Maße die langfristige Dynamik der Investitionen, als dass er ihr schadet.“ RBC (RU)

Michail Sadornow, Ökonom und ehemaliger Finanzminister:
„Die Investitionstätigkeit der Unternehmen ist nicht an den Leitzins oder an die Kosten des Geldes gebunden. Das ist ein wesentlich komplexeres Bündel von Ursachen und Bedingungen. Wenn wir 100% der Investitionen in Russland betrachten, sind zwei Drittel Gewinne der Unternehmen oder eigene Mittel und keine geliehenen. Weitere etwa 15% bis 20% sind Mittel der Haushalte aller Ebenen. Und nur 10% sind das, was ein Unternehmen über Anleihen oder Kredite aufnimmt. Das heißt, die Investitionstätigkeit der Wirtschaft ist nur sehr indirekt an den Zinssatz gebunden.“ RBC (RU)

Sergej Gawrilow, Vorsitzender des Staatsduma-Ausschusses für Eigentums-, Boden- und Vermögensfragen:
„Aktive Investitionen werden zurückkehren, wenn der Zinssatz sich dem Bereich von 15-16% jährlich annähert, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der Prozess der Kapitalrotation innerhalb des Landes in Gang gesetzt wird – durch Erweiterung von Unternehmensstrukturen, Neuregistrierung von Vermögenswerten, Gründung neuer Firmen und Emission von Aktien mit realer Beteiligung von Investoren.“ RBC (RU)

Sergej Katyrin, Präsident der Handels- und Industriekammer Russlands:
„Es gibt die Ansicht, dass unter den aktuellen Bedingungen eine Senkung des Zinssatzes auf 12% bis 15% optimal wäre. Erst in diesem Bereich kann das Geschäft nicht nur Kredite bedienen, sondern wirklich in langfristige Projekte, die Modernisierung von Produktionen und Expansion investieren.“ RBC (RU)

German Gref, Vorstandsvorsitzender der Sberbank:
„Aktuell ist der Kurs weit vom Gleichgewicht entfernt. Offensichtlich liegt der Gleichgewichtskurs bei 100 plus Rubel je Dollar. Heute haben wir 78-79 Rubel pro Dollar. […] Das spüren natürlich alle unsere Exportbranchen sehr stark, und in erster Linie sehen wir, dass der Haushalt mit einem erhöhten Defizit konfrontiert ist, und am Jahresende wird das Finanzministerium offensichtlich vor der Notwendigkeit stehen, das Defizit aus neuen Quellen zu decken. Höchstwahrscheinlich wird eine solche Quelle die Aufnahme von Mitteln am Markt sein.“ Forbes(RU)

Alexander Nowak, Stellvertretender Ministerpräsident:
„Die Indikatoren zeigen die Notwendigkeit, die Zinsen zu senken. Wir müssen bereits vom gesteuerten Abkühlen im Gegenteil zum Aufheizen der Wirtschaft übergehen. Dafür darf man zum einen den Moment, in dem das getan werden muss, nicht verpassen, und zweitens – mit welchem Tempo man senkt.“ RIA Novosti(RU)
Andrej Gangan, Abteilungsleiter Geldpolitik bei der russischen Zentralbank:
„Die Preise sind im vergangenen Jahr beschleunigt gestiegen, und zwar die Preise in der gesamten Wirtschaft. Das bedeutet, dass die physischen Ressourcen, die in der Wirtschaft vorhanden sind und uns erlauben, die Produktion auszuweiten, in Wirklichkeit erheblich begrenzt sind. […] In einer solchen Situation wird eine schnelle Senkung des Leitzinses wohl kaum etwas im Moment verändern, außer das Preisniveau anzuheben.“ Forbes(RU)

Elwira Nabiullina, Chefin der russischen Zentralbank:
„Wir werden den Zinssatz senken, sobald die Inflation sinkt. Sie verlangsamt sich aktuell, verlangsamt sich sogar schneller als wir erwartet haben, und die Inflationserwartungen werden zurückgehen.“ Gazeta.ru(RU)

Andrei Kostin, Vorstandsvorsitzender der VTB Bank:
„Ein Banker kann eine Prognose abgeben, aber die Festlegung des Leitzinses ist reine Kaffeesatzleserei. Die Leitung der Zentralbank wird aus irgendeinem Grund anders entscheiden. […] Daher ist das völlig sinnlos.“ Vedomosti(RU)

Haltung zu westlichen Firmen

Maxim Oreschkin, stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung:
„Im Großen und Ganzen kann der Westen der russischen Wirtschaft nicht mehr ernsthaft schaden; höchstens ein paar ‚kleine Gemeinheiten‘ sind in irgendeinem Bereich möglich. Vielleicht gibt es mal zwei, drei Wochen lokale Probleme, aber das Entscheidende ist: Unsere Unternehmer haben bewiesen, dass sie mit all diesen Schwierigkeiten fertigwerden. Dafür kann man ihnen nur Danke sagen.“ Izvestia(RU)

Michail Ossejewski, Präsident Rostelecom:
„Weder europäische noch amerikanische Unternehmen – weder Software- noch Hardwareentwickler – darf man zurück ins Land lassen. Die Tür muss geschlossen bleiben. Sie sind gegangen und haben die Tür knallend hinter sich zugeschlagen, haben alles liegen lassen: Es gibt keinerlei Vertrauen mehr.“ RBC(RU)

German Gref, Vorstandsvorsitzender der Sberbank:
„Wir sind daran interessiert, dass ausländische Unternehmen hier sind. Sie bringen Technologien, Kompetenzen.“ TASS(RU)

Oleg Deripaska, Industrieller:
„Russland wird auf die jetzt geschlossenen Märkte zurückkehren können, sobald das geopolitische Chaos vorbei ist, denn unser Land ist logistisch von einer globalen Nachfrage umgeben. Es ist nur eine Frage der Zeit – mit manchen werden die Verbindungen in zwei Jahren wiederhergestellt sein, mit anderen in fünf Jahren.“ RBC (RU)

Andrei Kostin, Vorstandsvorsitzender der VTB Bank:
„Russland wird ohne ausländische Investoren keinen vollwertigen Aktienmarkt haben können.“ Kommersant(RU)

Alexander Schenderyuk-Schidkow, Erster stellvertretender Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses des Föderationsrates:
„Wir erörtern gemeinsam mit dem Finanzministerium einen Gesetzentwurf, der vorsieht, großen ausländischen IT-Unternehmen bei ihrer Rückkehr nach Russland 3% ihres Umsatzes als Steuer aufzuerlegen.“ Kommersant(RU)

Rückkehr-Bedingungen für westliche Unternehmen

Denis Manturow, Erster Vizepremier, zuständig für Industrie:
„Ausländische Unternehmen müssen zur Aufhebung der Sanktionen gegen Russland beitragen, wenn sie auf unseren Markt zurückkehren wollen.“ vz.ru(RU)

Maxim Reschetnikow, Wirtschaftsminister:
  • „Uns passt übrigens der Rückgang des Wettbewerbs nicht. Wir möchten im Gegenteil, dass mehr Unternehmen zurückkommen… Ich denke, der russische Verbraucher braucht auf jeden Fall Konkurrenz, braucht Auswahl. Denn nur dann bleibt auch die Preissituation unter Kontrolle.“ vz.ru (RU)

  • „Die russischen Behörden werden die Bedingungen für die Rückkehr jedes westlichen Unternehmens individuell prüfen. Wenn eine Firma den russischen Markt ‚knallend verlassen‘ und ihre Verpflichtungen gegenüber Partnern nicht erfüllt hat, wird es eine Herangehensweise geben. Wenn ein Unternehmen hingegen unter äußerem Druck gegangen ist und seine Angelegenheiten korrekt abgeschlossen hat, werden die Maßnahmen andere sein.“ vz.ru (RU)

Dmitri Peskow, Pressesprecher des Präsidenten:
„Bislang hat kein westliches Unternehmen die Absicht bekundet, nach Russland zurückzukehren.“ Kommersant (RU)

Andrei Makarow (Vorsitzender des Duma-Haushaltsausschusses): „Wir haben die Regeln festgelegt, nach denen sie zurückkommen würden, und sie denken gar nicht daran!“ Kommersant (RU)

Igor Krasnow, Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation:
„Wir werden darauf achten, dass die Bedingungen, unter denen einheimische Firmen arbeiten, besser sind und dass die Rechte der russischen Unternehmer nicht verletzt, sondern beachtet werden. Und dass sie unter denselben Bedingungen arbeiten, unter denen sie jetzt arbeiten. Diese Nischen haben sie bereits besetzt, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, Selbstständige, großes Geschäft.“ RBC (RU)

Anton Alichanow, Industrie- und Handelsminister:
„Eine Wiederaufnahme der Tätigkeit ist nur gemeinsam mit russischen Partnern, unter russischer Kontrolle und mit einer Verlagerung der Technologien sowie Produktionsaufnahme, vorzugsweise in absehbarer Zeit möglich.“ RBC (RU)

Maxim Reschetnikow, Wirtschaftsminister:
„Eine der Bedingungen für die Rückkehr westlicher Unternehmen muss sein, dass alle Technologien und Daten auf russischen Servern gespeichert werden.“ TASS (RU)

Kirill Dmitrijew, Chef des Russischen Direktinvestitionsfonds, merkte an, dass besonders US-Energiekonzerne langfristig zurückkehren möchten; sie könnten sich an Projekten in Russland beteiligen, „aber niemand hat vor, ihnen wieder Mehrheitsanteile zu geben.“ RBC (RU)

Präsident Putin über Deutschland

Präsident Wladimir Putin im Gespräch mit ausländischen Pressevertretern
  • „Wenn der Bundeskanzler anrufen und sprechen möchte – wir lehnen keinerlei Kontakte ab und sind immer offen dafür. Sie wurden von unseren europäischen Partnern abgebrochen; also sollen sie sie auch wieder aufnehmen.“

  • „Kann Deutschland als Vermittler einen größeren Beitrag leisten als die USA? Ich bezweifle es. Ein Vermittler muss neutral sein, und wenn wir auf dem Schlachtfeld deutsche Leopard-Panzer sehen und über Taurus-Raketen samt Bundeswehr-Offizieren sprechen, betrachten wir Deutschland nicht als neutralen Staat, sondern als Partei, die die Ukraine unterstützt, mitunter sogar als Mitschuldigen.“

  • „Die Bundesrepublik balanciert am Rand einer Rezession. Ich verstehe bis heute nicht, warum sie russische Energieträger aufgegeben hat. Volkswagen, Porsche, die Glas- und Düngemittelindustrie gehen zugrunde – wofür? Das ist doch Unsinn.“

  • „Wir sehen in der Aufrüstung der NATO keine Bedrohung; wir werden alle Risiken eindämmen. Aufrüstungen und Budgets von 5% des BIP der NATO-Staaten ergeben keinen Sinn.“

  • „Die Behauptung, Russland wolle Europa oder NATO-Staaten angreifen, ist eine ungeheure Lüge. NATO-Länder geben 1,4 Bio. Dollar für Rüstung aus, mehr als alle anderen Staaten zusammen. Und wir sollen die NATO angreifen? Unsinn.“

  • „Wenn wir deutsche Panzer in der Ukraine und in Kursk sehen, ist das eine andere Geschichte. Taurus-Raketen können ohne deutsche Offiziere nicht eingesetzt werden. Das wäre eine Verstrickung Deutschlands in einen direkten bewaffneten Konflikt mit Russland.“

  • „Das würde unseren Beziehungen sehr ernsthaft schaden. Auf den Verlauf der Kampfhandlungen hätte es jedoch keinen Einfluss, denn die russischen Streitkräfte haben auf allen Abschnitten der Front einen strategischen Vorteil und rücken täglich vor.“ Kremlin.ru (RU)

SPIEF-Bilanz: Teilnehmerzahl, welche Länder, Vertragsabschlüsse