Die Handelsbeziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten sind seit 2022 auf Talfahrt und erreichten 2024 ihren Tiefpunkt. Im vergangenen Jahr betrug der Warenaustausch 3,5 Mrd. US-Dollar. Das Jahr zuvor waren es 4,6 Mrd. Dollar.
Das russisch-amerikanische Handelsvolumen schrumpfte im Jahr 2023 sanktionsbedingt auf weniger als ein Viertel des Umfangs von vor zwei Jahrzehnten. Im Jahr 2005 hatte es noch bei 19,2 Mrd. US-Dollar gelegen. Im Jahr 2010 war der Warenaustausch auf 23,4 Mrd. Dollar gestiegen. Fünf Jahre später lag er noch bei 20,9 Mrd. Dollar. Bis zum Beginn der umfassenden Sanktionen des Jahres 2022 wuchs das Handelsvolumen nur noch geringfügig.
Bei den russischen Exporten dominierten 2024, wie bereits im Jahr zuvor, Dünger mit 1,3 Mrd. Dollar, gefolgt von Edelsteinen (878 Mio. Dollar) und anorganischen Chemikalien wie etwa Uran (696 Mio. Dollar). Eingeführt aus Russland wurden auch Holz und Holzprodukte im Wert von 89 Mio. sowie Maschinen, Kernreaktoren und Kessel (81 Mio. Dollar).
Die USA exportieren nach Russland in erster Linie technische und medizinische Geräte (153 Mio. Dollar), Pharmazeutika (133 Mio. Dollar), Lebensmittel, Fertiggerichte (73 Mio. Dollar). Die USA belieferten Russland auch mit ätherischen Ölen, Parfüms und Kosmetik (22 Mio. Dollar) sowie verschiedenen Chemieprodukten (19 Mio. Dollar).
Erstmals wieder Handels-Plus
Trump zeigte in den vergangenen Monaten wiederholt Interesse an einer Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zu Russland, knüpfe dies jedoch an einen Frieden in der Ukraine. Mit Donald Trump als Präsident kam wieder etwas Schwung in die russisch-amerikanischen Handelsbeziehungen. Im März 2025 stieg der Handelsumfang zwischen Russland und den USA deutlich von 340 Mio. auf 523 Mio. US-Dollar. Im Mai waren es 540 Mio. Dollar. Ähnliche Werte gab es das letzte Mal im März 2023, als der Warenaustausch 562 Mio. Dollar betrug. Insgesamt lag der Warenaustausch für das erste Halbjahr 2025 bei 2,8 Mrd. Dollar im Vergleich zu 2,1 Mrd. im Vorjahreszeitraum.
Der Anstieg ist hauptsächlich auf den gesteigerten US-Import russischer Waren zurückführen. Der größte Anteil am Handelsvolumen im März entfiel auf Dünger (219 Mio. Dollar) und Platin (87,5 Mio. Dollar). Gleichzeitig blieben die US-Exporte nach Russland mit 50 Mio. Dollar unverändert zum Vormonat. Die wichtigsten Exportgüter waren Impfstoffe (rund 15 Mio. Dollar), Medizinausrüstung (6,2 Mio. Dollar) und Lebensmittel sowie Fertiggerichte (5,7 Mio. Dollar).
Uran mit Sonderstatus
Einen Sonderstatus im bilateralen Handel genießt Uran. Russland ist seit Jahrzehnten Hauptexporteur von Uran in die Vereinigten Staaten. Zwar hat die Biden-Administration im Mai 2024 den Import des radioaktiven Schwermetalls aus Russland in die USA verboten. Doch Einfuhren sind erlaubt, sofern es keinen „alternativen Verkäufer“ gibt oder wenn der Import im „nationalen Interesse“ ist, was beim Betrieb von Kernkraftwerken offensichtlich aus Sicht der US-Regierung der Fall ist.
Von Januar bis Juni 2025 beliefen sich die russischen Uran-Lieferungen auf 755,6 Mio. US-Dollar, was eine Steigerung von 62,2% gegenüber dem Vorjahreszeitraum darstellt. Schon jetzt sind das mehr Importe als im Gesamtjahr 2024, als die USA russisches Uran im Wert von 623,7 Mio. Dollar einführten. Zweitgrößter Uran-Lieferant der Vereinigten Staaten ist Frankreich (680,3 Mio. Dollar), gefolgt von Großbritannien (580,5 Mio.), den Niederlanden (502,5 Mio.) und Deutschland (197,6 Mio.).
Strategisches Kalkül: seltene Erden und Arktis
US-Präsident Donald Trump hat kurz nach seinem Amtsantritt sein Interesse an der Gewinnung von seltenen Erden sowohl in der Ukraine als auch in Russland bekundet. Seltene Erden sind ein Schlüsselrohstoff bei der Herstellung von zahlreichen Hightech-Produkten. China ist der größte Produzent und Exporteur von seltenen Erden. Unter diesem Begriff werden 17 Metalle zusammengefasst, die chemisch verwandt oder in den gleichen Gesteinsarten anzutreffen sind. Die Abhängigkeit der Weltwirtschaft von China-Exporten wurde im Frühjahr deutlich, als die Volksrepublik im Zollstreit mit den USA die Ausfuhr dieser Rohstoffe beschränkte und Amerika zwang einen Rückzieher zu machen.
Die britische Tageszeitung Telegraph hatte unmittelbar vor dem Trump-Putin-Gipfel unter Berufung auf Insider gemeldet, dass Trump dem russischen Präsidenten handfeste wirtschaftliche Anreize für ein Ende des militärischen Konflikts anbieten wolle. Dazu sollen eine Lockerung von US-Sanktionen für die russische Luftfahrtindustrie ebenso gehören wie der Zugang zu Rohstoffen in Alaska. Hierbei geht es um Vorkommen an seltenen Erden und Lithium, die für strategische Industrien entscheidend sind.
Putin könnten dem Telegraph-Bericht zufolge auch eine Zusammenarbeit beim Abbau bislang unerschlossener Ressourcen in der Beringstraße anbieten. Parallel stünden lukrative Reparatur- und Wartungsverträge zur Debatte, sollten die USA Exportverbote für Ersatzteile westlicher Flugzeuge aufheben. Diese werden in der russischen Luftfahrtindustrie bitter benötigt, denn rund 30% der westlichen Flugzeuge in Russland müssten ohne solche Lieferungen in den nächsten fünf Jahren außer Dienst gestellt werden.
Die Vereinigten Staaten verfügen über große eigene Vorkommen seltener Erden. Im US-Bundesstaat Alaska kommen 49 der 50 für die USA als kritisch eingestuften Mineralien vor, die für Chips, Batterien und Militärtechnologie unverzichtbar sind. Und davon könnte nach Einschätzung von Experten bislang nur ein Prozent erschlossen sein.
Das Land hat jahrzehntelang die Erschließung und Förderung seltener Erden vernachlässigt. Dieser Umstand räche sich jetzt: Chronisch träge Investitionen ließen sich nicht über Nacht wiedergutmachen, schreibt die US-Fachzeitschrift The National Interest. Den weitaus kürzeren Weg sieht das Fachblatt in einer strategischen Partnerschaft mit Russland nach Beendigung des Ukraine-Konflikts, mit der Chinas Dominanz eingedämmt werden soll.
Das russische Ministerium für natürliche Ressourcen und Umwelt gab Anfang 2024 die inländischen Vorkommen seltener Erden mit 28,5 Mio. Tonnen Seltene-Erden-Oxide (REO) an. Vier Jahre zuvor waren es 33 Mio. Tonnen. China spielt dabei in einer eigenen Liga: Im vergangenen Jahr produzierte die Volksrepublik 270.000 Tonnen REO, was einem Anteil von 69% der weltweiten Förderung entsprach.
Der Blick der US-Regierung richtet sich zudem zunehmend auf die Arktis, die reich an Bodenschätzen ist und eine zunehmend große geopolitische Bedeutung hat. Russland kommt eine führende Rolle am Nordpol zu: Das Land hat Zugang zu 53% der Region.
Das Nordpolargebiet zeichnete sich in den vergangenen Jahrzehnten durch die internationale Kooperation der globalen Akteure aus – auch in Zeiten von politischen Spannungen. Die USA sollten eine selektive Zusammenarbeit mit Russland anstreben, statt Front gegen das Land zu machen, schreibt die britische Tageszeitung The Financial Times. Eine zu konfrontative Politik gegenüber Russland könnte das geopolitische Gefüge in der Arktis aus dem Gleichgewicht bringen und die russisch-chinesische Kooperation am Nordpol verstärken, führt das Fachblatt aus.
Hohe Hürden für Comeback
Angesichts der intensivierten Kontakte zwischen Russland und den Vereinigten Staaten kursierten bereits im Frühling dieses Jahres Spekulationen über eine mögliche Rückkehr westlicher Unternehmen nach Russland. Bisher ist laut russischen Regierungsbehörden keine einzige Rückkehr beschlossen worden. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte schon bei der Jahresversammlung des Russischen Unternehmerverbandes RSPP von hohen Hürden für die Rückkehr internationaler Firmen gesprochen. Dieses Szenario knüpfte er an eine Bewertung jeden einzelnen Unternehmens, von denen manche „demonstrativ die Tür zugeschlagen“ hätten und deshalb nicht willkommen seien.
Laut Robert Agee, dem Präsidenten und CEO der amerikanischen Handelskammer in Russland (AmCham), führen aktuell rund 150 US-Unternehmen in Russland Geschäfte. Weitere 100 US-Firmen seien in den vergangenen Jahren zu russischen Unternehmen umgewandelt worden. Zu den größten US-Unternehmen mit Milliardengeschäft in Russland gehören der Zigarettenhersteller Philipp Morris International sowie die Lebensmittelkonzerne PepsiCo und Mars.
Dem AmCham-Präsidenten zufolge kostete der Marktexit aus Russland die US-Firmen mehr als 300 Mrd. Dollar. Nach seiner Einschätzung wäre eine Aufhebung des Investitionsverbots für westliche Unternehmen ein wesentlicher Schritt zur Rückkehr von US-Firmen. Auch der reguläre Flugverkehr müsste wiederhergestellt werden, erklärte Agee beim diesjährigen St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum (SPIEF).
Strafzölle gegen Handelspartner
Mitte Juli hatte Donald Trump hohe Zölle gegen Russland und seine Handelspartner angekündigt, falls es innerhalb von 50 Tagen keinen Verhandlungserfolg in dem Ukrainekonflikt geben sollte. Die sogenannten 100-prozentigen Sekundärzölle zielen auf Käufer von russischen Rohstoffen ab und sollen den Export in die USA für betroffene Drittländer zu einem Verlustgeschäft machen.
Indien wurde zur ersten Zielscheibe der Strafmaßnahmen. Nachdem die USA Einfuhrzölle in Höhe von 25% auf Waren aus Indien eingeführt hatten, kündigte der US-Präsident weitere Strafzölle von 25% gegen das Land wegen des Kaufs russischer Energieträger an. Die Strafzölle sollen Ende August in Kraft treten. Dies wäre ein empfindlicher Schlag für den indischen Subkontinent, zumal die USA Indiens größter Handelspartner sind. Außerdem wollen die USA damit Löcher in das russische Staatsbudget schlagen, das auf die Einnahmen aus den Öl- und Gasexporten angewiesen ist.